Essen. Vor der Haftentlassung muss Thomas Middelhoff diverse Auflagen erfüllen. Der Ex-Manager leidet an einer Autoimmunerkrankung.

Der frühere Topmanager Thomas Middelhoff kann nach mehr als fünf Monaten in Untersuchungshaft auf seine Freilassung hoffen. Das Landgericht Essen teilte am Montag mit, es habe den Haftbefehl gegen den 61-Jährigen außer Vollzug gesetzt. Vor einer Entlassung aus der Untersuchungshaft müsse Middelhoff aber Auflagen erfüllen. Welche Auflagen das sind, will das Gericht nach eigenen Angaben schriftlich und frühestens am heutigen Dienstag mitteilen .

Middelhoff leidet an einer Autoimmunerkrankung, die nach Darstellung seiner Anwälte in der Haft aufgetreten ist und zunächst nur unzulänglich behandelt worden sei. Deshalb hatte die Verteidigung vor knapp zwei Wochen erneut eine Haftprüfung beantragt.

Middelhoff sei in der Untersuchungshaft über Wochen einem Schlafentzug ausgesetzt gewesen, der sein Immunsystem geschwächt habe, argumentieren seine Anwälte. Der Ex-Manager ist derzeit zur Behandlung in einer Essener Klinik. Bis wann Middelhoff die Auflagen erfüllt haben könnte und wann er möglicherweise freikommt, blieb am Montag offen.

Der frühere Chef des Medienkonzerns Bertelsmann und des inzwischen pleitegegangenen Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor war Mitte November vergangenen Jahres vom Essener Landgericht wegen Untreue und Steuerhinterziehung zu drei Jahren Haft verurteilt und noch im Gerichtssaal verhaftet worden. Der Bundesgerichtshof wird voraussichtlich erst in einigen Monaten über seine Revision entscheiden. Middelhoff hatte die Taten stets bestritten.

Mehrere Versuche von Middelhoffs Rechtsanwälten, ihren Mandanten auf freien Fuß zu bekommen, waren zuvor gescheitert. Die Richter am Landgericht Essen und am Oberlandesgericht Hamm sahen Fluchtgefahr. Middelhoff hat hervorragende Auslandskontakte unter anderem nach Frankreich und in die USA. Selbst als enge Freunde und Familienmitglieder Middelhoffs eine Kaution von fast 900.000 Euro anboten, blieben die Richter hart.

Middelhoffs Rechtsanwälte hatten scharfe Kritik an dessen Haftbedingungen in einer etwa acht Quadratmeter großen Einzelzelle geübt. Dass ihr Mandant in den ersten Haftwochen mindestens alle 15 Minuten kontrolliert worden sei, bezeichneten sie als „unter keinem denkbaren Gesichtspunkt gerechtfertigten Schlafentzug“. Die Vollzugsanstalt Essen wollte nach eigenen Angaben durch die regelmäßigen Sichtkontrollen einen Suizid verhindern. „Irgendwann muss dem Martyrium ein Ende gesetzt werden“, sagte Middelhoff-Anwalt Sven Thomas.

Die Justiz hatte in den ersten Haftwochen eine Selbstmordgefahr bei dem Manager befürchtet. Middelhoff sei schließlich ein „haft-unerfahrener Mensch“, der immer „in einer ganz anderen Welt gelebt“ habe, hieß es im Justizministerium. In der Vollzugsanstalt wurde er daher vorübergehend aus „Obhutspflicht“ unter besondere Überwachung gestellt. Nach einem bisher unveröffentlichten Bericht von NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) an den Rechtsausschuss des Landtages, wurde Middelhoff seit Haftbeginn eine Zweierzelle angeboten. Er habe das aber abgelehnt.