Hamburg. Gewerkschaft übergibt Appell an die SPD-Bürgerschaftsfraktion

12,4 Prozent aller Beschäftigten in Hamburg haben einen befristeten Vertrag – und das liegt klar oberhalb des Bundesdurchschnitts von 7,5 Prozent. Für 47.000 Arbeitsplätze in der Hansestadt geht die Gewerkschaft Ver.di von einer sachgrundlosen Befristung aus, hier geht es also nicht um eine Krankheits- oder Elternzeitvertretung.

Zusammen mit Betriebs- und Personalräten betroffener Betriebe übergaben Vertreter von Ver.di Hamburg am Freitag vor dem Rathaus den „Hamburger Appell gegen den Befristungswahn“ an Andreas Dressel, den Vorsitzenden der SPD-Bürgerschaftsfraktion. In dem Appell sprechen sich knapp 100 Betriebs- und Personalratsvorsitzende aus dem Hamburger Dienstleistungssektor gegen die Befristungspraxis in der Hansestadt aus. Zu den Firmen gehören der Krankenhausbetreiber Asklepios, die Deutsche Post, der Versicherer Generali, aber auch mehrheitlich oder komplett öffentliche Betriebe wie der Flughafen, die Saga GWG, die Friedhofsgärtnereien und die Hamburg Port Authority (HPA).

„Befristungen schaffen permanente Unsicherheit für die Beschäftigten am Arbeitsplatz und im Privatleben“, sagte Katharina Ries-Heidke, Konzernbetriebsratsvorsitzende von Asklepios Hamburg: „Ich erwarte vom neuen Senat, dass er in Bereichen, in denen die Stadt Hamburg Einfluss hat, gegensteuert und diese Form der prekären Beschäftigung eindämmt.“

Nachdem sich die SPD und die Grünen im Bürgerschaftswahlkampf für eine Reduzierung der Befristungen in Betrieben der öffentlichen Hand ausgesprochen hatten, fordert Ver.di nun konkrete Schritte zur Umsetzung des Wahlversprechens durch eine regionale Regelung, ähnlich dem Landesmindestlohngesetz.

Der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Wolfgang Rose zeigte sich grundsätzlich offen für derartige Lösungen: „Die Befristung von Arbeitsverträgen muss sachlich begründet sein und darf nicht zur Umgehung des Kündigungsschutzes missbraucht werden“, so Rose. Die SPD wolle den „massenhaften Missbrauch“ der Befristung verhindern, man stehe dazu „mit den Gewerkschaften in konstruktiven Gesprächen“.

Nach der Aktion vor dem Rathaus übergaben Ver.di-Vertreter den Appell in der Handelskammer an deren Syndikus Reinhard Wolf und an Michael Thomas Fröhlich, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands UVNord. „Gerade im Einzelhandel werden neue Beschäftigte grundlos in die Schleife der Befristung gesteckt“, sagte Ulla Stolle, Betriebsratsvorsitzende des Karstadt-Hauses Mönckebergstraße.

Ver.di forderte die Arbeitgeber auf, tariflichen und betrieblichen Regelungen zum Ausschluss von sachgrundlosen Befristungen zuzustimmen, solange das bundesweite Befristungsgesetz noch eine „missbräuchliche Befristungspraxis“ zulasse.