Abendblatt-Analyse zeigt: Anschaffung, Wartung und Kosten für Energie liegen deutlich über dem Aufwand für die konventionellen Fahrzeuge. Ziel der Bundesregierung schwer zu erreichen.

Hamburg. Die Auswahl an Elektroautos wird immer größer: Neben asiatischen Klassikern bei alternativen Antrieben wie Toyota können die Kunden auch mit einem futuristisch anmutenden BMW oder einem Quad von Renault elektrisch durch die Stadt rollen. Die kalifornische Marke Tesla hat für ihre neue Luxus-Limousine unlängst einen schicken Showroom nahe der Binnenalster eröffnet. Und auf der Motorshow in Los Angeles präsentierte Mini einen batteriebetriebenen Tretroller für alle Trendsetter, die auch auf zwei Rädern elektrisch unterwegs sein wollen.

Auch die Preise für die klimafreundlichen Fahrzeuge bewegen sich in Richtung massentauglicher Angebote. Und Masse statt Klasse lautet schließlich die Devise für die umweltpolitischen Ziele in Sachen Verkehr. Die Bundesregierung beabsichtigt, dass im Jahr 2020 eine Million Elektrofahrzeuge über Deutschlands Straßen surren. Die Handelskammer Hamburg geht bei den Stromern für den gleichen Zeithorizont von einem Anteil in Höhe von 12 Prozent aller in der Hansestadt gewerblich zugelassenen Fahrzeuge aus. Doch nur wenn sich für die Otto-Normalhalter die Anschaffung eines Wagens mit Batterie im Vergleich zum Benziner rechnet, kann auch in Deutschland der Anschluss an die moderne Mobilität gelingen.

Nach einer aktuellen Analyse sind die Kosten für Elektrofahrzeuge derzeit in der Regel aber immer noch höher als für die Klassiker (s. Tabelle). Der ADAC und einige Hersteller haben für das Abendblatt die laufenden Belastungen für Fahrzeughalter verglichen: jeweils für ein Elektroauto und ähnliche oder gleiche Modelle mit Verbrennungsmotor. „Die Ergebnisse haben uns zum Teil überrascht“, sagt ADAC-Sprecher Jochen Oesterle. So liegen etliche Batterie-Modelle bei den Kosten deutlich höher als die Benziner, obgleich die Energieeffizienz des Elektromotors in der Branche als Musterbeispiel gilt. Der klassische VW up beispielsweise schlägt mit rund 33 Cent pro Kilometer zu Buche, sein elektrischer Zwilling kommt auf 46 Cent. Beim Focus liegt der Stromer bei den Kosten pro Kilometer rund 15 Cent höher als der Benziner.

„Man sieht, dass Elektroautos pro Jahr eben doch teurer sind“, urteilt auch Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Essen-Duisburg. Der Grund liege in den kleinen Stückzahlen der Fahrzeuge und den Kostennachteilen durch die neue Technologie. „Wenn wir also Elektroautos in Deutschland wirklich wollen, müssen wir etwas tun“, fordert der Branchenkenner. „Einfach mal schnell eine Million als Zahl sagen, so wie es die Kanzlerin macht, hilft sicher nicht weiter und bringt nur Enttäuschung bei Autobauern und Zulieferern“. Denn bisher ist die Verbreitung der Hightech-Mobilität gering: Hamburg kommt auf gerade 800 Fahrzeuge, die dann und wann an der Strom-Ladesäule parken. Bundesweit machen Autos mit alternativen Antrieben nur 1,5 Prozent an der gesamten Flotte auf deutschen Straßen aus. Dabei lohne die Anstrengung: „Denn Elektroautos sind lokal emissionslos und bieten dadurch einen großen Vorteil für unsere Städte, während etwa der Diesel für seine Emissionen nicht belastet wird“, vergleicht Dudenhöffer und warnt die Heimat von BMW, Mercedes und Co: „Die Gefahr besteht, dass Deutschland Schlusslicht bei den Elektroautos weltweit bleibt und die Produktion nach China abwandert, denn dort kommen Elektroautos in Fahrt. Die Kanzlerin exportiert durch ihr Nichtstun Arbeitsplätze. Kein schönes Zukunftsbild“.

Wegen der kleinen Stückzahlen und der komplexen Speicherlösungen sind die E-Mobile eine Herausforderung für die Industrie, und dementsprechend teuer in der Anschaffung: Der e-up von Volkswagen kostet 26.900 Euro, also über 13.000 Euro mehr als der ähnlich ausgestattete Benziner. Der E-Golf steht mit 34.900 Euro im Prospekt, 21.775 Euro rufen die Wolfsburger für den konventionellen Golf mit 110 PS auf.

Bei der Gegenüberstellung der Kosten pro gefahrenem Kilometer ohne die üblichen Fixbelastungen fährt bei aktuellen Sprit- und Strompreisen immer ein Elektromobil voraus: Beim E-Smart, der ohne Probleme mit seinem 75 PS starken Zweisitzer-Ebenbild zu vergleichen ist, kostet der Strom für die 100 Kilometer lange Tour 3,70 Euro, der Benziner verursacht eine Tankrechnung von gut sechs Euro. Beim Ford Focus kostet die elektrische Energie 3,85 Euro, der Benziner kommt auf knapp 9 Euro, der Focus mit Dieselmotor begnügt sich mit 6,44 Euro für die 100 Kilometer.

Diesen Vergleich können eher diejenigen Halter ziehen, die sich ein E-Auto gebraucht kaufen und dadurch weniger Wertverlust erleiden als beim Neuwagenkauf. Überraschende Zahlen kommen hier allerdings von Tesla. Denn für den Kalifornier lagen die Gebrauchtwagenpreise zwischenzeitlich sogar höher als der Neuwert: In Norwegen ist die Nachfrage nach den elektrischen Premiumfahrzeugen dank Steuer-Vergünstigungen so hochgeschnellt, dass die Käufer noch nicht einmal ein paar Monate auf den Neuwagen warten wollten.

Auch wenn Tesla in vielen Ländern inzwischen Kult ist, unter den deutschen Herstellern und in der Heimat sieht sich Daimler als führend in der emissionsfreien Mobilität: „Mit 1995 Neuzulassungen im vergangenen Jahr waren wir erneut Marktführer bei Elektro-Pkw in Deutschland“, sagte ein Daimler-Sprecher. Im Kostenvergleich fahren die Stuttgarter mit dem Smart auch allen anderen heimischen Anbietern davon, sie setzen auf klein und billig: Der Smart electric drive der alten Baureihe taucht schon für 23.680 Euro in der Preisliste auf. Bei den neueren Modellen ist in der Übersicht inklusive der Importeure nur der Renault Zoe Z.E. Life günstiger. Die Kunden scheinen das Angebot von Daimler zu würdigen: Jeder dritte neu angemeldete Elektrowagen kam 2013 von Smart.

Für Daimler stellt die reine Elektromobilität allerdings nicht den einzigen Antrieb der Zukunft dar. „Aus unserer Sicht wird es künftig nicht die eine Technologie als Königsweg zur nachhaltigen Mobilität geben, sondern maßgeschneiderte Lösungen für verschiedene Anforderungen“, sagte der Sprecher. „Wir setzen auf einen intelligenten Mix aus innovativen Verbrennungsmotoren, deren Hybridisierung sowie emissionsfreies Fahren mit Batterie- oder Brennstoffzelle“. Im urbanen Umfeld seien Elektrofahrzeuge mit Batterie die ideale Wahl. Bei längeren Fahrten oder für größere Fahrzeuge kämen Elektrofahrzeuge mit Brennstoffzelle mit ihren hohen Reichweiten und kurzen Betankungszeiten ins Spiel. Hybride und Plug-In Hybride seien als alternative Antriebsform insbesondere für große Limousinen prädestiniert.

Während Daimler sich mit der Entwicklung für den besten Antrieb für Fahrten auf der Straße begnügt, geht der Blick bei Tesla weit über den irdischen Verkehr hinaus: Tesla-Gründer Elon Musk will nicht nur die Autobranche, sondern auch die Raumfahrt revolutionieren und forscht neben Fahrzeugen für den Alltag auch an neuen Raketen.