Die Vorbereitungen für das große Fest laufen auf Hochtouren. Unabhängige Experten sagen schwächere Umsätze voraus. Der Einzelhandel gibt sich in Hamburg dennoch optimistisch.
Hamburg. Im Hamburger Alsterhaus laufen die Vorbereitungen für das wichtige Weihnachtsgeschäft schon seit Wochen auf Hochtouren. Die dritte Etage hat sich schon in ein gemütliches Chalet mit loderndem künstlichem Kaminfeuer, viel Gold und tiefen Sesseln verwandelt. In den Schaufenstern arbeitet gerade ein Team aus zehn Dekorateuren daran, dass bis Ende der Woche Wintermäntel, Pullover und andere Waren festlich in Szene gesetzt werden. „Wie alle Hamburger Einzelhändler hoffen wir natürlich auf einen guten Jahresendspurt“, sagt Alsterhaus-Sprecherin Silke Jost.
Doch unabhängige Studien verbreiten wenig Optimismus. So sagen etwa die Experten der Beratungsgesellschaft Ernst & Young einen kräftigen Einbruch bei den Geschenke-Ausgaben voraus – um durchschnittlich 20 Prozent auf nur noch 219 Euro. Jeder dritte Bundesbürger werde beim Weihnachtsbummel sogar unter 100 Euro ausgeben – im Vorjahr plante das nur jeder fünfte.
„Quer durch alle Bevölkerungsgruppen schrauben die Bundesbürger in diesem Jahr ihre Weihnachtsausgaben zurück“, prognostiziert Thomas Harms, der Handelsexperte von Ernst & Young. Aus seiner Sicht drückt die aktuelle Flut schlechter Nachrichten – von den Kriegen im Irak und in Syrien über die Ukraine-Krise bis hin zum Ebola-Ausbruch in Afrika – auf die Konsumstimmung.
Handelsexperten rechnen mit rückläufigen Ausgaben
Ganz so pessimistisch wie Harms sind die Berater von Deloitte zwar nicht. Doch auch sie rechnen mit rückläufigen Ausgaben. Um zwei Prozent auf dann 266 Euro sollen die Budgets für den Geschenke-Kauf nachgeben, heißt es im jährlich aufgelegten „Christmas Survey“, für das knapp 1800 Bundesbürger befragt wurden.
Der Handelsverband Deutschland (HDE) hält mit seiner aktuellen Prognose dagegen. Der Umsatz im November und Dezember werde voraussichtlich um 1,2 Prozent höher ausfallen als 2013 und rund 85 Milliarden Euro erreichen, teilte die Lobbyorganisation am Dienstag mit. Die Verbraucher zeigten sich von der wirtschaftlichen Eintrübung „weitgehend unbeeindruckt“, sagte HDE-Präsident Josef Sanktjohanser.
Sie wollen einer Umfrage zufolge im Schnitt 447 Euro für Weihnachtsgeschenke ausgeben und damit fast 50 Euro mehr als 2013. Gefragt sind vor allem Geschenkgutscheine, Bücher, Kosmetika, Schmuck, Konzertkarten, Spielwaren und Bekleidung.
Für Hamburg erwartet der Einzelhandelsverband Nord mit einem Umsatzplus von 1,4 bis 1,6 Prozent sogar noch eine bessere Entwicklung als im Bundesdurchschnitt. „Die Kaufkraft ist in der Hansestadt deutlich höher als in den anderen Bundesländern“, sagte der Hamburger Geschäftsführer des Verbands, Wolfgang Linnekogel.
„Auf der Bank gibt es zudem kaum noch Zinsen, da geben die Hamburger das Geld lieber für Geschenke aus.“ Insbesondere für den stationären Einzelhandel erwartet er ein gutes Geschäft, da das Wachstum im Onlinebereich nachgelassen habe.
Knapp 19 Prozent Umsatz erzielt das Weihnachtsgeschäft
Dass die Lobbyisten die Kauflust vor dem Fest positiv einschätzen, ist allerdings wenig verwunderlich. Das Weihnachtsgeschäft ist für den Einzelhandel von immenser Bedeutung. Laut HDE liegen die Umsätze im November und Dezember um etwa 15 Prozent höher als in den anderen Monaten.
Stationäre Händler erzielen knapp 19 Prozent ihrer Erlöse im Weihnachtsgeschäft, beim Onlinehandel fällt sogar ein Viertel des Jahresumsatzes in die Zeit. In solch einer Situation liegt die Vermutung nahe, dass niemand auf Verbandsseite die Stimmung mit einer negativen Prognose verderben möchte.
Den Vorwurf, er habe für den HDE lediglich eine Gefälligkeitsstudie erstellt, will Organisator Oliver Gansser von der Münchner Hochschule für Oekonomie & Management allerdings nicht auf sich sitzen lassen. „Auch wir sind völlig unabhängig, der HDE hat mir nicht einmal die Fahrtkosten nach Berlin, geschweige denn die Studie, bezahlt“, sagt er dem Abendblatt.
Gansser erklärt die große Abweichung zu den anderen Prognosen mit der hohen Anzahl der Befragten und der Tiefe der Interviews. Für den Branchenverband HDE seien beispielsweise nicht allein Menschen am Telefon oder im Internet wie bei den anderen Studien befragt worden, sondern 38.835 Bürger zwischen zwölf und 99 Jahren beim Einkaufen. In halbstündigen Interviews wurde dabei abgefragt, in welchen Bereichen von Spielzeug bis Wohnmöbeln sie Weihnachtsausgaben planen – und wie hoch.