Dass in Tarifauseinandersetzungen mit harten Bandagen gekämpft wird, gehört zum Geschäft dazu. Und der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, hat zuletzt viel einstecken müssen. Seine Bürodurchwahl auf der Titelseite einer Boulevardzeitung und Fotos seiner Privatwohnung gingen zu weit. Aber auch Weselsky selbst schießt immer wieder über das Ziel hinaus. Ihm reichen Rekordstreiks bei der Deutschen Bahn nicht aus, um seine Ziele zu erreichen. „In der Öffentlichkeit wurde gezielt von interessierter Seite eine Pogromstimmung gegen die GDL und ihre Mitglieder erzeugt“, sagte Weselsky nun dem Kölner „Express“.
Sicherlich haben Weselsky selbst und seine Mitstreiter harsche Kritik einstecken müssen – derselbe Begriff wie für die Ausschreitung gegen Juden verbietet sich aber. Das müsste auch Weselsky wissen. Zumal es sein zweiter sprachlicher Missgriff ist. Im August hatte er sich vollkommen zu Recht die Empörung für einen Behinderten-Vergleich zugezogen. „Wenn sich zwei Kranke miteinander ins Bett legen und ein Kind zeugen, da kommt von Beginn an was Behindertes raus“, sagte er über die Fusion der Bahngewerkschaften Transnet und GDBA zur Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Und wollte damit sagen, dass er die EVG nicht als starke Gewerkschaft einstuft. Später entschuldigte er sich für diese Wortwahl. Das wird er nun wieder machen müssen. Doch auch die GDL-Mitglieder sind gefordert. Sie müssen sich überlegen, ob sie ihre Interessen weiterhin von Weselsky vertreten lassen wollen. Sie müssen damit rechnen, dass kein Außenstehender dafür Verständnis hätte. Weselsky ist nicht mehr zu halten.