Ganze Container verschwinden. Zahl der Vorfälle gestiegen
Hamburg. Der Ladungsdiebstahl auf der Straße nimmt europaweit zu. Immer öfter stellen Spediteure und deren Kunden fest, dass ihnen ein Teil ihrer Warensendung abhanden gekommen ist. Jeder zweite Transportunternehmer war schon einmal Opfer von Ladungsdieben. Zu dem Ergebnis kommt eine Umfrage des Instituts für Logistikrecht & Riskmanagement (ILRM) der Hochschule Bremen. Demnach werden die Diebe immer gewiefter: In der Hälfte der Fälle ist der Diebstahl durch Betrug oder Unterschlagung passiert.
„Lkw-Ladungsbetrug ereignet sich in Deutschland viel häufiger als bekannt“, sagt Stefan Siuda, der die Umfrage durchgeführt hat. Da Polizeibehörden und die Transportbranche diese Betrugsdelikte allgemein als Ladungsdiebstahl definieren, war dieses bisher gar nicht so deutlich. „Gegen herkömmlichen Diebstahl, etwa auf der Autobahnraststätte, kann man sich wappnen“, sagt Thomas Wieske, Professor am ILRM. „Man baut zusätzliche Sicherheitsschlösser an oder überwacht die Container. Doch bei Ladungsbetrug, haben wir es mit ganz anderen Fällen zu tun, die in den Bereich der organisierten Kriminalität reichen.“
Neueste Masche ist laut der Studie, die vom Spezialversicherer Kravag unterstützt wurde, der Betrug über Internet-Frachtenbörsen. „Da arbeiten die Kriminellen dann mit gestohlenen Identitäten“, so Wieske. Immer häufiger stellen Firmen, die etwas versenden wollen, einen Transportauftrag in solche Internetbörsen. Fuhrunternehmer mit freien Kapazitäten bewerben sich darum. Wer den geringsten Preis verlangt, bekommt den Zuschlag. Die Täter melden sich unter dem Deckmantel einer namhaften Firma an und bekommen den Zuschlag. Termingerecht holen sie die Ladung ab, doch anstatt die Waren zum vereinbarten Zielort zu bringen, verschwinden sie damit. 45 Prozent der Fälle ereignen sich im Ausland. Beliebte Tage für solche Unterschlagungen sind Freitage und Montage, wo der Stress ohnehin hoch ist.
Dann dauert es etwas länger, bis die Firmen merken, dass sie einem Betrug aufgesessen sind. Da nicht nur einzelne Ladungsteile, sondern ganze Container verschwinden, gehen die Schäden oft in die Millionenhöhe. Die Kravag warnt jetzt: „Internet-Frachtenbörsen sind meist ursächlich für Ladungsbetrug.“ Sie hat ein Merkheft herausgegeben, wie Spediteure sich davor schützen können. Das Landeskriminalamt Niedersachsen geht davon aus, dass es jährlich zu 200.000 Fällen von Ladungsdiebstahl auf deutschen Straßen kommt. Den Schaden, der dabei entsteht, schätzt die Versicherungswirtschaft auf 300 Millionen Euro.