Berlin. Die Bundesregierung nimmt nun doch den umstrittenen Verkauf der Hamburger Öl- und Gassparte Dea des RWE-Konzerns an eine Investorengruppe um den russischen Milliardär Michail Fridman unter die Lupe. Das Bundeswirtschaftsministerium bestätigte einen „Spiegel“-Bericht, wonach es prüft, ob mit dem Milliardengeschäft strategische Interessen Deutschlands verletzt würden. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) habe RWE-Chef Peter Terium darüber informiert.
Für den verschuldeten Konzern wäre ein Verbot ein herber Rückschlag. Den Essener Konzern drücken Schulden von mehr als 31 Milliarden Euro, die mithilfe des Dea-Verkaufs auf 26 Milliarden Euro reduziert werden sollen. Der im Frühjahr bekannt gewordene 5,1 Milliarden Euro schwere Verkauf ist wegen der Rolle Russlands in der Ukraine-Krise politisch umstritten. So hatte Grünen-Chef Cem Özdemir kritisiert, Fridman bekomme damit Zugriff auf strategische Erdgas- und Ölvorräte. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), hatte moniert, das Geschäft passe „jetzt nicht in die Landschaft“.
Mit dem Außenwirtschaftsgesetz hat die Bundesregierung ein scharfes Schwert in der Hand, um Unternehmensverkäufe ins Ausland zu verhindern. Das Wirtschaftsministerium kann einen Kauf bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eingang der vollständigen Unterlagen untersagen oder Anordnungen erlassen, um „die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten“. Allerdings muss dafür eine „tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung“ vorliegen, die „ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“. Die 2008 eingeführte gesetzliche Regelung wurde bisher nie angewendet. Bisher hatte die Bundesregierung keinen Anlass gesehen, den Russland-Deal von RWE nach dem Außenwirtschaftsgesetz zu prüfen. Dies hat sich nun offenbar geändert.