Acht Prozent Plus bei Containerumschlag. Marketing-Organisation beklagt das „Lamentieren“ über Baumaßnahmen an Verkehrswegen
Hamburg. Die Verkehrsprobleme im Zentrum des Hamburger Hafens sind für Ingo Egloff vor allem Ansichtssache. Aktuelle Berichte über Staus und Engpässe rund um den größten Containerterminal der Hansestadt, den Burchardkai der HHLA, hält der neue Co-Chef von Hafen Hamburg Marketing (HHM) für aufgeblasene Branchengerüchte, gestreut von Konkurrenzhäfen an der Nordsee: „Es gab zu Jahresbeginn Probleme mit der Abfertigung, die aber überwunden sind“, sagte Egloff bei der Vorlage der Zahlen für das erste Quartal am Montag. „Wir sollten einmal darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, über die Verkehre in Hamburg zu lamentieren, anstatt in den Vordergrund zu stellen, was hier derzeit für die Zukunft getan wird.“ Der frühere SPD-Politiker, seit Januar bei HHM, empfahl einen Blick auf Defizite in Bremerhaven, Rotterdam oder Antwerpen, um die Verkehrsanbindungen der großen Nordseehäfen im Vergleich zu beurteilen: „Wir haben nichts gegen Wettbewerb, aber gegen üble Nachrede.“
Die Nerven sind angespannt in der Hamburger Hafenwirtschaft. Zwar wächst der Hafen wieder, im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum sogar deutlich, aber die Modernisierung der Verkehrswege geschieht bei vollem Betrieb. Wenn sich der positive Trend des ersten Quartals fortsetzt, dürfte der Hafen 2014 an seine bisherigen historischen Höchstwerte aus den Jahren 2007 und 2008 anknüpfen, sowohl beim Gesamtumschlag wie auch im Containerverkehr. Im ersten Quartal stieg der Containerumschlag gegenüber den ersten drei Monaten 2013 um acht Prozent auf 2,4 Millionen Einheiten (TEU). Der Gesamtumschlag wuchs um 8,6 Prozent auf 35,6 Millionen Tonnen. Auch andere Indikatoren zeigen nach oben. Der Marktanteil beim Containerumschlag in der Nordseeregion stieg um 1,4 Prozentpunkte auf 26,8 Prozent. Hamburg stärkt damit seine Position als zweitgrößter europäischer Containerhafen nach Rotterdam.
Die Zeitspanne seit 2008, dem Höhepunkt der Welt-Finanzmarktkrise, war für Hamburgs Hafen, gemessen an den absoluten Umschlagszahlen, eine Phase der Stagnation. Die Stadt und die Hafenwirtschaft haben diese Zeit eines relativ geringen Wachstumsdrucks genutzt, um etliche dringend nötige Sanierungsarbeiten an den Verkehrswegen umzusetzen oder sie weit voranzutreiben, sagte Jens Meier, Chef der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA): „Wir haben die Hafenbahn ausgebaut und den Anteil des Bahnverkehrs bei den Container-Transportverbindungen ins Binnenland auf mittlerweile rund 40 Prozent gesteigert – das ist ein europäischer Spitzenwert. Die Sanierung der Hafenbrücken wie auch der Straßen ist in vollem Gange.“
Die besonders exponierte Köhlbrandbrücke, die wichtigste Verbindung zwischen dem westlichen und dem östlichen Hafenteil, werde diesen November sowie in zwei weiteren Abschnitten 2015 und 2016 fertig saniert – pünktlich zum achtspurigen Ausbau der Autobahn 7 südlich des Elbtunnels: „Nach der Sanierung wird die Köhlbrandbrücke wieder uneingeschränkt vierspurig befahrbar sein. Danach müssen wir die Brücke zehn Jahre lang nicht mehr anfassen“, sagte Meier.
Auch die Verkehrslenkung im Hafen – etwa die elektronische Hilfe für Containertrucker bei der Parkplatzsuche oder bei der Ansteuerung von Leercontainerlagern – werde weiter ausgebaut. Bei der Bewegung von Containern auf den Wasserwegen innerhalb des Hafens „können wir sicher von unserem Marktbegleiter in Antwerpen noch etwas lernen“, sagte Meier. Auch seeseitig werde der Hafen permanent modernisiert. Am 19. Juni soll die neue Nautische Zentrale der HPA für den Elbverkehr eingeweiht werden, die zentrale Einrichtung für die Steuerung des Seeverkehrs in Hamburg. Mit dem Hafen von Barcelona wird Hamburg laut Meier eine Hafenkooperation eingehen, um Erfahrungen auszutauschen und die Abläufe etwa im wachsenden Kreuzfahrttourismus zu optimieren.
Axel Mattern, Co-Chef von Hafen Hamburg Marketing, warb um Verständnis für Beeinträchtigungen bei den Bauarbeiten in und um Hamburg in den kommenden Jahren. „Die Baumaßnahmen im Hafen und in der Region werden nach Fertigstellung für den gesamten norddeutschen Raum und die deutsche Wirtschaft großen Nutzen bringen. Sie sind dringend erforderlich“, sagte er. „Wir müssen deutlich machen, dass die Infrastruktur für die Zu- und Ablaufverkehre der Seehäfen im Interesse der gesamten Volkswirtschaft liegt. Deshalb setzen wir auch auf eine positive Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig zur Anpassung von Unter- und Außenelbe.“ Das oberste deutsche Verwaltungsgericht entscheidet in der Verhandlung vom 15. bis zum 24. Juli über die Vertiefung und Verbreiterung der Elbe zwischen Hamburg und Nordsee, die von Umweltverbänden beklagt wird.
Die wachsenden Schiffsgrößen stellen den Hamburger Hafen vor zunehmende Herausforderungen. Im ersten Quartal 2010 kamen 20 Schiffe mit mehr als 10.000 TEU Kapazität nach Hamburg, in den ersten drei Monaten dieses Jahres waren es 110, und die Zahl nimmt weiter zu. An Schiffen von bis zu 16.000 TEU Kapazität werden in Hamburg innerhalb von 36 Stunden bis zu 6000 Container bewegt. Um die Jahreswende herum hatten sich etliche Schiffe wegen Schlechtwetterlagen teils um mehrere Tage verspätet. Verschärft wird das Problem in Hamburg durch die Verzögerungen beim Ausbau der Elbe. Die Schiffe können nur kleine Zeitfenster zum Auslaufen bei auflaufendem Wasser nutzen. Zudem können Großschiffe der neuesten Generationen einander zwischen Glückstadt und Hamburg nicht passieren. Auch das führt zu erheblichem Druck in den Fahrplänen der Reedereien und den Stauplänen auf den Hamburger Terminals. Die Hoffnungen der Hamburger Politik und Hafenwirtschaft ruhen deshalb darauf, dass das Bundesverwaltungsgericht nach jahrelangen Planungsarbeiten, Ergänzungen zur Planfeststellung und juristischen Auseinandersetzungen endlich die Freigabe für das Großprojekt erteilt. „Wir haben alles dafür getan, dass wir zuversichtlich sein können, die Zustimmung des Bundesverwaltungsgerichts zur Anpassung der Elbfahrrinne zu bekommen“, sagte HPA-Chef Meier.