Siemens soll bereit sein, den Bau von ICE-Zügen sowie weitere Geschäfte im Schienenverkehr an Alstom abzugeben, wenn der Konzern im Gegenzug das Energietechnik-Geschäft der Franzosen übernehmen könnte.

Paris/München. Siemens will im Übernahmepoker um Alstom ein eigenes Angebot vorlegen. Voraussetzung sei allerdings eine Prüfung der Bücher des französischen Rivalen. Das teilte der Münchner Elektrokonzern in einem kurzen Schreiben am Dienstag mit. Wie eine Übernahmen von Teilen des Konzerns oder sogar des kompletten Unternehmens im Detail aussehen könnte, offenbarte die Führung des Dax-Konzerns aber nicht.

„Voraussetzung dafür ist, dass Alstom Siemens einen Zeitraum von vier Wochen mit Zugang zu Daten des Unternehmens und erforderlichen Managementinterviews einräumt, damit Siemens eine angemessene Prüfung des Alstom-Geschäfts durchführen kann“, heißt es in der knappen Mitteilung im Anschluss an eine Aufsichtsratssitzung. Ein entsprechendes Schreiben sei am Nachmittag an Alstom übermittelt worden.

Einzelheiten nannte Siemens nicht, auch über die weiteren Schritte in dem Verfahren verlautete nichts. Rasch können die Beteiligten also kaum mit Klarheit rechnen.

In den vergangenen Tagen war meist von einem Tausch die Rede. Siemens würde in diesem Fall die Energiesparte von Alstom übernehmen und im Gegenzug das eigene Zuggeschäft an die Franzosen abgeben. Die IG Metall stellte für diesen Fall klar, dass die Sicherheiten für die 11 500 Beschäftigten der Sparte einfordert.

Das Ringen um die Zukunft von Alstom hatte sich in den vergangenen Tagen zum Übernahmepoker entwickelt, denn zuvor hatte auch der US-Konzern General Electric Interesse an Teilen des Konzerns angemeldet.

„Eine zwingende Voraussetzung für den geplanten Tausch von Siemens' Zugsparte gegen Alstoms Energiebereich sind natürlich umfassende Garantien für die Sicherheit der Beschäftigung und aller betroffenen Siemens-Standorte“, sagte Bayerns IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler am Dienstag. Generell stehe die Gewerkschaft einer Einigung zwischen Siemens und Alstom nicht ablehnend gegenüber, betonte Wechsler.

Alstom wiederum hatte angekündigt, bis Mittwochvormittag über das weitere Vorgehen informieren zu wollen. Am Dienstagabend wollte der Verwaltungsrat des Unternehmens zusammenkommen. Alstom-Mitarbeiter protestierten am Dienstag vor einer Niederlassung in Saint-Ouen bei Paris gegen die Zerschlagungspläne. Bei einem Treffen mit Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg forderten Gewerkschaftsvertreter eine erneute Teilverstaatlichung ihres Unternehmens.

Die Regierung werde alle notwendigen Mittel ergreifen, um die Interessen des Staates zu schützen, kommentierte Montebourg. Der Minister hatte in den Vortagen deutlich gemacht, dass er einen Deal mit Siemens vorziehen würde. Dies würde es erlauben, im Zuggeschäft einen „Weltmarktführer made in France“ aufzubauen. Um eine Chancengleichheit der Angebote von Siemens und GE zu gewährleisten, schaltete Paris am Dienstag die Finanzaufsichtsbehörde AMF ein.

Am Montag hatten Siemens-Chef Joe Kaeser und zuvor auch GE-Boss Jeff Immelt in Paris Präsident François Hollande getroffen. Beide lobten danach die offene Atmosphäre der Gespräche, machten aber keine Angaben zum Inhalt. Unklar ist, wie sich GE nun verhalten wird. Die Alstom-Führung hatte zuvor lange heimlich nur mit den Amerikanern verhandelt.