Thomas Cotterell fährt Elektroautos aus Überzeugung. Der Unternehmer glaubt auch: Städte und sogar die Wohnsituation würden sich mit mehr Elektroautos ändern.
Hamburg. So klein, so eng, mit Liegesitzen zum Hereinfalten: Thomas Cotterell war schockiert, als er das erste Mal mit einem Tesla gefahren ist. „Aber schon 14 Tage später hatte ich ihn hier stehen“, erzählt der Hamburger Unternehmer über die Flunder mit Batteriebetrieb. Die große Liebe zu dem Elektrosportwagen kam nicht auf den ersten Blick, aber sie hat gehalten.
Bei der Probefahrt mit dem Abendblatt tippt der 40-Jährige auf das Gaspedal des Tesla und schon fliegt er hin, so schnell, dass sich im Magen ein Gefühl wie in der Achterbahn im freien Fall einstellt und ordentlich Adrenalin in die Blutbahnen schießt. Mit seinem Sprint von null auf 100 in 3,8 Sekunden verschafft das Auto dem Piloten ein tolles Fahrgefühl – und das ganz ohne Reue: „Die Beschleunigung nutzt man schon“, sagt Cotterell lachend, als sich die Gesichtszüge wieder entspannt haben, aber man genieße sie eben ohne Nachteile. Ohne Lärm, ohne einen Becher Benzin dabei zu verbrauchen, anders als ein Ferrari, der für den Geschwindigkeitsrausch mit seinen 500 PS auch ordentlich Sprit schluckt.
Thomas Cotterell gehört zu den an einer Hand abzuzählenden Hamburgern, die bereits eine Menge Erfahrung mit Elektroautos gesammelt haben. Der Inhaber einer Kakaolagerei im Hafen setzt die klimaverträglichen Wagen ganz normal im Alltag ein. Sein erstes Exemplar war vor einigen Jahren der kleine und knubbelige Citroën C-Zero, dann fuhr er den Nissan Leaf, der aussieht wie eine komfortable Familienkutsche. Zuletzt gönnte er sich den Tesla und setzt die beiden Vorgänger jetzt vor allem für die Mitarbeiter in seiner Firma ein.
„Ich fahre von meiner Wohnung in Winterhude in den Hafen, mittags manchmal zum Essen in die HafenCity und abends wieder nach Hause“, beschreibt Cotterell die Situationen, in denen er gewöhnlich ein Auto braucht. Strecken von mehr als 100 Kilometern, also die Grenze, bei der sich der Nissan oder der Citroën bei ihrer begrenzten Reichweite mit leerer Batterie verabschieden würden, kommen in Cotterells Leben selten vor. Einmal sei er mit dem Nissan nach Timmendorf gefahren, habe ihn dort an der ganz normalen Steckdose des Hotels aufladen dürfen, um dann wieder problemlos in die Heimat zu kommen. „Ich bin zwar nur 90 km/h gefahren und hatte ein etwas mulmiges Gefühl, aber es hat geklappt.“
Mit dem Tesla, der als Leichtgewicht 300 Kilometer Reichweite schafft, war auch schon ein Ausflug nach Sylt möglich, beim Gastgeber dort gab es ein großzügiges Trinkgeld fürs Aufladen, das aber ohnehin nur wenige Euro kostet. Als Gepäck war dann allerdings wegen der großen Batterieblöcke im Kofferraum nur eine kleine Tasche mit auf der Insel. Für größere Entfernungen, etwa bei Geschäftsreisen nach London oder Amsterdam, nehme er grundsätzlich das Flugzeug oder die Bahn, sagt Cotterell über seine üblichen Reisegewohnheiten. „Wenn die Deutschen nicht den Anspruch hätten, mit dem Auto in den Urlaub zu fahren, könnten sich Elektroautos viel schneller durchsetzen“, ist Cotterell überzeugt.
Apropos Überzeugung: Der Kaufmann hat sich ganz bewusst für die elektrische Mobilität entschieden. „Die Ölquellen sind endlich, und sie befinden sich meist in Besitz der falschen Leute, bei Menschen wie Putin, warum sollte ich das unterstützen?“, fragt der Unternehmer. Dagegen verfüge unser Land über Energiequellen wie Wind und Sonne. Diese mehr und mehr in Strom umzuwandeln, gehöre zu den Herausforderungen der Zukunft. Elektromobilität sei auf diesem Weg ein Schritt in die richtige Richtung.
Außerdem ist Cotterell ein großer Anhänger der Ruhe, mit der sich ein Elektroauto fortbewegt. Der Motor erzeugt keinen Lärm, und im ohnehin komfortablen Nissan Leaf habe er sich so manches Mal für klassische Musik statt für einen normalen Radiosender entschieden, um das entspannte Fahren noch mehr genießen zu können. „Auch die Architektur der Städte könnte sich komplett wandeln“, schwärmt Cotterell, die Menschen könnten wieder näher an der Straße wohnen und litten nicht mehr unter den Emissionen der Fahrzeuge.
Auch wenn viele Autofahrer grundsätzlich so denken wie der Hamburger, die große Masse setzt weiterhin auf Wagen mit Verbrennungsmotor. Zwar hat sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, dass im Jahr 2020 eine Million Elektrofahrzeuge über Deutschlands Straßen rollen sollen. Doch von diesem Plan ist Deutschland noch sehr weit entfernt. Gerade einmal 10.000 Stromer sind derzeit angemeldet. In Hamburg, das sich selber als Vorzeigestandort in Sachen Elektromobilität sieht, sind es knapp 770. Ein Masterplan, den der Senat noch verabschieden muss, sieht bis 2015 die Errichtung von 592 öffentlichen Ladepunkten in der Stadt vor.
Cotterell macht mit den bereits existierenden Ladestationen gute Erfahrungen. Bisher bekommen etliche Hamburger noch nicht einmal eine Rechnung zugeschickt, wenn sie sich an den grauen Säulen bedienen und nach dem Identifizieren einer Kundenkarte von Hamburg Energie das Auto laden. Einige Stationen sollen allerdings häufig zugeparkt sein, besonders ärgerlich reagieren die Fahrer darauf, wenn sich Leute mit Benzinern einfach auf den freien Parkplatz stellen. „In der HafenCity habe ich das aber noch nie erlebt“, sagt Cotterell.
Der Unternehmer profitiert aber nicht nur von der bereits bestehenden Infrastruktur in der Hansestadt, sondern auch von anderen unkomplizierten Lademöglichkeiten: „Ich kann den Tesla hier in der Firma mit dem bei Gewerbebetrieben üblichen roten Stecker schnell aufladen oder sonst an jeder üblichen Steckdose“, freut sich der Kaufmann. Auch viele Serviceleistungen eines motorbetriebenen Wagens fielen bei den Stromern weg.
„Ich brauche keinen Ölwechsel, keine neuen Zündkerzen und bin gerade mit dem Tesla ohne Probleme über den TÜV gekommen, obwohl ich ihn schon gebraucht gekauft habe“, sagt der leidenschaftliche Triathlet, der nicht zuletzt die Sicherheit genießt, dass seine Frau Christine einen VW Tuareg fährt und mit diesem Wagen größere Strecken möglich sind. Außerdem: Bei den Cotterells gibt es seit einigen Monaten Nachwuchs, und die kleine Tochter würde mit Kinderwagen die Kapazitäten des Tesla bei Weitem sprengen.