Schlichtungsstelle für den öffentlichen Nahverkehr hat 3306 Fälle bearbeitet. Kunden werden meistens entschädigt
Berlin. Für Bahnchef Rüdiger Grube bleibt die Zufriedenheit der Kunden ein Problem. Nie zuvor haben sich so viele Menschen über das Bahnfahren beschwert wie im Jahr 2013. Bei der zuständigen Schlichtungsstelle sind bis zum 30. Dezember 3306 Schlichtungsanträge zu Bahnfahrten eingegangen, sagte der Geschäftsführer der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP), Heinz Klewe. Das ist die mit Abstand größte Zahl in den vier Jahren, seit die Einrichtung ihre Arbeit aufgenommen hat. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 waren 2069 Beschwerden eingegangen, 2011 waren es 2448. Im Jahr 2012 sank die Zahl dann deutlich auf 2112 Anträge.
Klewe sagte, von den Beschwerden sei aufgrund ihres hohen Marktanteils zum größten Teil die Deutsche Bahn betroffen. Streckensperrungen nach Herbststürmen und die Umleitungen wegen des Elbe-Hochwassers seien die wesentlichen, „aber nicht die einzigen Gründe“ für die gewachsene Unzufriedenheit bei den Bahnfahrern. Auch die Engpässe in der Zugflotte hätten sich bemerkbar gemacht.
In knapp der Hälfte der Fälle hätten Kunden sich über Verspätungen und Zugausfälle geärgert. In rund jedem dritten Beschwerdefall habe es Probleme mit dem Ticket gegeben. Jede vierte Beschwerde betraf den Service, etwa weil der Erste-Klasse-Wagen fehlte oder weil es an Hilfe für Menschen mit Gehbehinderung mangelte. „Weit mehr als 80 Prozent unserer Schlichtungsvorschläge wurden sowohl von den Reisenden als auch von den Verkehrsunternehmen akzeptiert“, sagte Klewe.
Auch bei der Deutschen Bahn selbst erhöhte sich die Zahl der Anträge auf Kostenerstattung wegen Verspätungen oder Zugausfällen stark. 2013 waren es nach Unternehmensangaben rund 1,25 Millionen, das sind knapp 40 Prozent mehr als die 900.000 Anträge des Vorjahres. Knapp 90 Prozent der Anträge würden im Sinne des Fahrgastes entschieden, sagte ein Bahnsprecher. Bahn-Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg zeigte sich unzufrieden mit den Pünktlichkeitswerten: „Der erfreuliche Aufwärtstrend der letzten Jahre fand keine Fortsetzung, und das wurmt uns.“ An den Mitarbeitern habe es nicht gelegen. Aber die Häufung von unwetterbedingten Schäden und nicht zuletzt die fünfmonatige Sperrung der Strecke Hannover–Berlin aufgrund des Hochwassers hätten der Bahn „einen dicken Strich durch die Rechnung“ gemacht. Im Ruhrgebiet hätten zudem Probleme mit alten Bergwerksstollen Züge ausgebremst. Die größte Blamage war allerdings hausgemacht: Im Sommer waren im Stellwerk von Mainz nicht mehr genügend Fahrdienstleiter vorhanden, um den regulären Zugverkehr in der Region aufrechtzuerhalten.
Die Schlichtungsstelle, die von mehr als 200 Verkehrsunternehmen finanziert wird, ist seit Dezember 2009 tätig. Seit damals bekommen Bahnnutzer bei Verspätungen von einer Stunde ein Viertel des Fahrpreises zurück, bei zwei Stunden die Hälfte. An die Schlichtungsstelle können sich Reisende wenden, wenn sie sich zuvor erfolglos bei dem Verkehrsunternehmen beschwert hatten. Auch Bus-, Schiffs- und Flugreisende können die Stelle einschalten.