Nach dem Insolvenzantrag von Praktiker dürfen einzelne Produkte wie Laminat oder Spülbecken offenbar nicht mehr verkauft werden. Mitarbeiter sind traurig und hoffen auf ein Eingreifen der Politik

Wolfgang Horch

Hamburg. Das Laminat ist gut verpackt. Mit schwarzem Klebeband umhüllt stehen die Paletten mitten im Praktiker-Markt am Hellmesbergerweg. An die Kunden dürfen Sie den Fußbodenbelag nicht mehr bringen, sagt ein Verkäufer. Die Lieferanten hätten einen Verkaufsstopp verhängt. Das treffe auch für Ytong-Steine, Elektrokleinartikel wie Lüsterklemmen oder Unterputzsteckdosen zu sowie für Spülbecken, die nun versteckt hinter einer Plastikfolie hängen. "Die Insolvenz hat sich angekündigt", sagt der Mitarbeiter. Zusagen für Warenlieferungen seien zurückgezogen worden. Am Donnerstag reichte der überschuldete und zahlungsunfähige Konzern einen Insolvenzantrag für acht Tochtergesellschaften ein.

Ansonsten sind die Regale in dem Rahlstedter Markt mit Artikeln gut gefüllt. Mal fehlt bei den Wandfarben ein Farbton, die Auswahl an Heckenscheren ist begrenzt. Dafür hängen überall Schilder, die auf Rabattaktionen aufmerksam machen: 35 Prozent auf alle Pavillons und Schirme, 50 Prozent auf alle Blumen wie Orchideen, und im Gang mit den Grillgeräten hängt ein SSV-Buchstabenkürzel neben dem anderen: Sommer-Schluss-Verkauf – Nachlass 30 Prozent. "Das ist ein schwerer Tag heute, die Stimmung ist gedrückt", sagt der Verkäufer. Statt einem fröhlichen "Guten Morgen" hätten viele Kollegen am Donnerstag nur ein kurzes "Moin" herausgequetscht, erzählt er und hofft auf Hilfe der Politik: "Die müssen irgendwas machen. Das sind 20.000 Leute. Wir sind hier in Deutschland."

Vor dem Markt lädt Kunde Burkhard Hein gerade Betonzement in seinen Kombi. Er kam extra aus der Nähe von Mölln zu dem Markt gefahren und würde ein Aus für Praktiker bedauern. "Das wäre ganz schlimm. Die Auswahl ist groß. Der Service ist gut. Die Preise sind es ebenfalls – auch ohne die ständigen Angebote." Für 30 Kilogramm Betonestrich habe er zwei Euro bezahlt, bei der Konkurrenz kosten 25 Kilo einen Euro mehr, sagt er.

Fünf Kilometer weiter stadteinwärts liegt ein Markt der 1879 in Hamburg gegründeten Tochter Max Bahr. In dem Geschäft an der Bargteheider Straße sind zwei Regale leer. Ein Hersteller von Sicherheitsschlössern hat seine Ware zurückgezogen: Abschließbare Fenstergriffe, Schließzylinder und Vorhängeketten fehlen. Auch bei den Grills fehlt die Ware einer hochpreisigen Firma. Der Rest der Regale ist gut gefüllt. "Wir hoffen, dass wir nicht von der Insolvenz betroffen sind und da wieder rauskommen", sagt ein junger Verkäufer. Vielleicht steigen die früheren Eigentümer aus Hamburg ja wieder ein. Doch das gilt als unwahrscheinlich. Oder Konkurrent Obi, hofft er – doch deren Chef erteilt am Nachmittag eine Absage. Kritisch sehen die Mitarbeiter vor allem die Übernahme des Konzerns durch Praktiker im Jahr 2007. "Seit wir zu Praktiker gehören, geht alles bergab. Die haben zu viele Läden zu schnell auf Max Bahr umgeflaggt", sagt er. Für die Mitarbeiter besteht aber Hoffnung. Die Tochter Max Bahr ist bisher von der Insolvenz ausgenommen. Kunde Reinhard Kluge aus Tonndorf würde ein Aus für die Marke aus der Hansestadt bedauern: "Das wäre sehr traurig. Der Markt ist sehr übersichtlich", sagt er und verschwindet im Geschäft, um einen Duschvorhang zu kaufen. Martin Waiczies würde Max Bahr hingegen nicht vermissen: "Die sind qualitativ und preislich nicht so gut", sagt der Innenausbauer. Auch Thomas Helau stuft die Auswahl bei anderen Baumärkten besser ein, fände ein Aus für das Geschäft aber schade, "weil der Markt gut liegt".

Nochmals fünf Kilometer in Richtung City liegt der nächste Max-Bahr-Markt. Auch dort, an der Wandsbeker Zollstraße, fehlen im Sortiment die Produkte des Schloss- und des Grillherstellers. Bei den Mitarbeitern ist die Stimmung gedrückt - überraschend kam die Nachricht aber nicht. "Ich hatte es im Gefühl", sagt ein Verkäufer. "Das konnte nicht gut gehen mit den ganzen Preisnachlässen. Das ist Mist by Management." Für die alten Max-Bahr-Märkte werde es weitergehen, glaubt er. Weniger Chancen räumt er den Praktiker-Filialen ein. "Die Kollegen von Praktiker können einem leid tun."