Die kleine Hamburger Motorradfirma Liberta entwirft ihre eigenen Modelle in der HafenCity und lässt sie in China fertigen. Die Zweiräder lassen sich auch mit einem Autoführerschein fahren.
Hamburg Niels-Peter Jensen hatte einen Traum. Vor vier Jahren wollte der ehemalige Vizeweltmeister im Mountainbiking ganz entspannt durch Skandinavien reisen – am liebsten auf einem klassischen Chopper, so wie Dennis Hopper in dem Filmklassiker „Easy Rider“.
Das Problem: Jensen hatte keinen Motorrad-, sondern nur einen Autoführerschein. Kurzerhand griff der heute 39-Jährige zur Werkzeugkiste und begann, ein altes Moped optisch so umzubauen, dass es aussah wie eine große Maschine. „Damit sind wir dann von Hamburg aus in die Nähe von Oslo, ins mehrere Hundert Kilometer entfernte Norwegen gefahren“, erinnert sich der Familienvater.
Heute steht der Nachfolger des damaligen Prototyps in einer improvisierten Werkstatt in der Hamburger HafenCity. Chrom und Edelstahl blitzen an Auspuff und Scheinwerfern des Modells Liberta (Freiheit). Luftig und leicht wirkt der Chopper und dabei ganz wie ein großes Motorrad, das es optisch sogar mit einer Harley aufnimmt. Technisch kann das 135 Kilo schwere Gefährt mit seinem Minimotor dem Klassiker freilich kaum das Wasser reichen.
Zusammen mit seinen Partnern Holger Pütting von der Marketingagentur Nest One und dem PR-Profi Tom Yamaoka hat Jensen vor gut einem Jahr die Firma Liberta Motorcycles gegründet, die die Motorräder nun in Serie herstellen lässt. Entworfen werden die Modelle in Hamburg, gefertigt hingegen in einer Werkstatt rund 300 Kilometer von Shanghai entfernt.
Die chinesische Produktionsstätte hat Jensen durch seine früheren Kontakte nach Asien gefunden. Bevor sich der ehemalige Mountainbike-Profi nämlich auf das Entwerfen von Motorrädern verlegte, designte er bereits Fahrräder und verkaufte diese ebenfalls über eine eigene Firma. Die vergangenen Jahre hat der Zweiradexperte immer wieder bei den chinesischen Partnern verbracht und sich um alle Details der neuen Motorräder gekümmert. „Ich wollte moderne Technik mit der klassischen und schlanken Bauform der späten 1960er-Jahre verbinden“, sagt er.
Die Liberta-Bikes gibt es zunächst in zwei Ausführungen: Das kleine Modell T1-50 wird von einem Viertaktmotor mit 50 ccm Hubraum angetrieben und kann daher laut Hersteller mit jedem Autoführerschein gefahren werden, der vor dem 19. Januar 2013 ausgestellt wurde. Das größere Modell T1-125 verfügt über einen Motor mit 125 ccm Hubraum, das mit einem Motorradführerschein der Klasse A1 gefahren werden darf oder mit einem Autoführerschein, der vor dem 1. April 1980 erworben wurde. Die Preise für die jeweiligen Basisversionen bewegen sich zwischen 4000 und 4500 Euro.
Im ersten Schritt haben die Hamburger 80 Motorräder in Asien in Auftrag gegeben, von denen die Hälfte vorbestellt sind. „Mittelfristig, rechnen wir damit, dass wir 1200 bis 1500 Räder pro Jahr absetzen können“, sagt Geschäftsführer Holger Pütting. „Wir glauben, dass wir eine Marktlücke entdeckt haben. Es geht darum, jedem entspanntes Motorradfahren zu ermöglichen.“