Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft erwartet ansonsten deutlichen Rückgang des Wohlstands
Berlin. Zur Sicherung von Wohlstand und Wirtschaftswachstum sollten Ältere einer Studie zufolge länger arbeiten. Dies dürfte zu einer Anhebung des Renteneintrittsalters auf 69 Jahre oder mehr führen, um die Nachteile der schrumpfenden Bevölkerung auszugleichen, heißt es in einem gestern veröffentlichten Gutachten "Demografie und Wachstum". "Nur wenn es uns gelingt, vor allem die Altersgruppe 55+ stärker in den Arbeitsmarkt zu integrieren, können wir negative Wohlstandsfolgen durch geringe Geburtenraten und gleichzeitig steigende Lebenserwartung kompensieren", sagte gestern Wolfgang Clement, der Kuratoriumsvorsitzende der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie finanzieren die INSM.
"Das Renteneintrittsalter sollte deshalb nach oben offen und standardgemäß an die steigende Lebenserwartung gekoppelt sein", sagte der frühere Bundeswirtschaftsminister Clement. "Bis zum Jahr 2050 würde dies voraussichtlich einen Anstieg des Renteneintrittsalters auf 69 Jahre bedeuten." Nach aktueller Gesetzeslage erhöht sich das Renteneintrittsalter von derzeit etwas über 65 bis 2029 schrittweise auf 67 Jahre. Da die Bevölkerung aber auch danach weiter schrumpfen dürfte, hatten auch die Bundesbank und die Wirtschaftsweise eine Rente mit 69 ins Gespräch gebracht.
Der frühere SPD-Politiker Clement betonte, von der Lebenserwartung solle abhängen, wann ein Arbeitnehmer in den Ruhestand gehen solle. Auf die Frage, ob dies letztlich mit 70 oder 80 Jahren der Fall sein könnte, sagte Clement vor Journalisten: "Im Prinzip ja." Dies müssten aber künftige Generationen entscheiden. Der frühere Regierungschef von Nordrhein-Westfalen forderte mehr Weiterbildung, lebenslanges Lernen und kritisierte Anreize zum Vorruhestand wie Altersteilzeit.
In verschiedenen Szenarien berechneten Forscher vom Kieler IfW, vom Essener RWI und vom Mannheimer ZEW, wie sich das Arbeitsvolumen und damit das Produktionspotenzial bis 2030 verändert. Im schlimmsten Fall komme es zu einem Rückgang um rund 16 Prozent, wenn die Lage auf heutigem Stand verharren würde. Im besten Fall - wenn mehr Ältere arbeiten und auch länger arbeiten - gibt es laut Studie nur einen Rückgang um vier Prozent beim Arbeitsvolumen. Dann würde das reale Pro-Kopf-Einkommen 2030 zehn Prozent oder rund 3500 Euro höher liegen. "Die stärksten Wachstumsimpulse gehen von höheren Erwerbsquoten Älterer aus", sagte IfW-Konjunkturchef Joachim Scheide.