Der Industrieverband hat einen neuen Präsidenten gewählt. Der 53-Jährige will nicht den immer harmonieorientierten Partner abgeben.
Berlin. Generationswechsel beim Industrie-Spitzenverband BDI: dem aus der Großindustrie kommenden Hans-Peter Keitel folgt mit Ulrich Grillo Anfang nächsten Jahres ein Familienunternehmer an der Verbandsspitze. Der 53-Jährige stammt aus einer der prominentesten Ruhr-Dynastien, deren unternehmerische Wurzeln bis ins Jahr 1842 zurückreichen.
Dass die BDI-Mitglieder einen Familienunternehmer zu ihrem Verbandspräsidenten erkoren macht Sinn, denn weit über 90 Prozent der vom BDI repräsentierten gut 100.000 Unternehmen sind Eigentümer geführte, zumeist mittelständischen Betriebe.
Der künftige BDI-Präsident leidet unter einem Makel, den er bei Bedarf als Vorteil nutzt. „Ich bin farbenblind“, antwortet der Industrielle auf die Fußball-Glaubensfrage der Region, ob er nun „ein Blauer“ (Schalke 04) oder „ein Gelber“ (Borussia Dortmund) sei. Entsprechend redet er sich auch bei politischen Präferenzen für rot, grün, gelb oder schwarz heraus. „Ich habe kein Parteibuch. Ich bin nirgendwo Mitglied“, versichert er.
„Ich habe Zink im Blut“, merkt er mit einem Augenzwinkern an. Bei dem Familienbetrieb Grillo-Werke AG dreht sich alles „rund um das Zink“, und das international erfolgreich.
Ulrich Grillo ist ein drahtiger Mann. Er ist verheiratet, hat zwei Töchter im Alter von 14 und 18 Jahren und hält sich mit Laufen fit. Dass er in einigen Wochen zu einem der einflussreichsten Wirtschaftsvertreter in Deutschland und zum ständigen Gesprächspartner von Kanzlerin Angela Merkel aufrückt, nimmt er gleichmütig. „Ein bisschen“ kenne er die Kanzlerin, mehr nicht, sagt er. Ein Schaumschläger ist er offenbar nicht. Respekt hat er für die Kanzlerin, für deren Standfestigkeit im Kampf gegen die Euro-Schuldenkrise, merkt er immerhin an.
Spaß am Job
Grillo legt Wert darauf, dass er in alle Parteien hinein gute Kontakte hat – mit Ausnahme von Piraten und Linken: „Ich habe ein gutes Netzwerk zu allen.“ Ansonsten spricht der Familienunternehmer viel von Freude an der Arbeit. „Ich habe Spaß an meinem Job“, sagt er mit Blick auf den Chefposten bei den Grillo-Werken, zu denen er trotz der Familientradition erst nach mehr als zehnjährigen Umwegen als Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberater und Rüstungsmanager stieß. Und auch mit Blick auf den anspruchsvollen BDI-Job spricht er von Spaß.
Nun ist das BDI-Spitzenamt sicher nicht nur eine pure Freude angesichts starker Mitgliedsverbände, zumal, wenn man daneben auch weiter ein Unternehmen mit mehr als einer halben Milliarde Euro Umsatz führen will. Doch Grillo will etwas bewegen. Für einen, dessen Familie nach seinen Worten traditionell gesellschaftlich engagiert ist, gelte: Man müsse der Gesellschaft auch etwas zurückgeben, etwas ändern, wenn man die Chance dafür habe. „Nur meckern ist schlecht: Das ist nicht Art der Grillos.“ Den immer pflegeleichten, harmonieorientierten Partner will er nicht abgeben: „Wenn es notwendig ist, kann ich auch laut werden.“ Im gleichen Atemzug unterstreicht er aber, dass man Konflikte nicht immer öffentlich austragen müsse. Das haben nicht all seine Vorgänger als BDI-Präsidenten so gehalten. Auch den Dauergast in TV-Talkshows will er nicht abgeben.
Was er inhaltlich vorhat, will Grillo erst Anfang Januar erläutern, wenn er im Amt ist. Zumindest die eine oder andere Losung gibt er aber auch schon vor Amtsantritt aus. So will er die deutsche Industrie weltweit in einer führenden Position halten. „Die anderen dürfen stärker werden, aber wir dürfen nicht schwächer werden.“ Und zur Energiewende hat er einen pragmatischen Ansatz. Die muss vor allem effektiv gemanagt werden, lautet seine Forderung. Ansonsten pflegt der künftige BDI-Präsident, der in Mülheim/Ruhr lebt, eine zuversichtliche Grundhaltung. „Nicht unoptimistisch“ nannte er das. Ein solcher Satz könnte auch von der Kanzlerin kommen.