Am Freitag bringt Microsoft Windows 8 auf den Markt. Noch nie war eine Produkteinführung so entscheidend für den Erfolg des Software-Giganten.

Berlin. Microsoft setzt alles auf eine Karte: Weltweit geht am Freitag das neue Betriebssystem Windows 8 an den Start. Bis Jahresende werde es über hundert verschiedene Geräte unter anderem von Acer, Asus, Samsung und Sony geben, die die unterschiedlichsten Bedürfnisse der Kunden erfüllen sollen, kündigte Christian Illek, Geschäftsführer von Microsoft Deutschland, an. Neben klassischen PCs wird es vor allem eine große Bandbreite an neuen Tablets geben.

Microsoft-Betriebssystem

Für Microsoft ist Windows 8 ein fundamentaler Neuanfang und die große Hoffnung in schwerer Zeit. Windows bildet neben der Office-Software seit vielen Jahren die wesentliche Säule des Geschäfts für den Software-Riesen. Im jüngsten Quartal sackte der Gewinn allerdings dramatisch um die Hälfte ab, der Umsatz schrumpfte um ein Drittel – auch weil die Nachfrage nach Windows nachließ. Mit Windows 8 will der Konzern nun das Ruder herumreißen.

So wichtig dürfte der Erfolg für Microsoft noch bei keiner anderen Produkteinführung gewesen sein. „Wir haben Windows völlig neu erfunden“, betonten Konzernführer Steve Ballmer und Windows-Teamchef Steven Sinofsky wiederholt. Für Ballmer, der seit dem Rückzug von Microsoft-Mitgründer Bill Gates im Jahr 2000 die Geschicke des Softwareherstellers bestimmt, dürfte mit Windows 8 auch persönlich viel auf dem Spiel stehen. Bislang waren die Anstrengungen, bei den mobilen Geräten zur Konkurrenz aufzuschließen, von mäßigem Erfolg gekrönt. Sollte Windows 8 nicht den Durchbruch bringen, könnte das als persönliches Scheitern gelten.

Bei der Benutzeroberfläche von Windows 8 erinnert kaum noch etwas an die Vorgängerversionen. Mit wesentlichen Anleihen von der Mobil-Plattform Windows Phone verzichteten die Softwaredesigner erstmals sogar auf den legendären Startbutton. Das neue Kacheldesign ist für die Benutzung auf Tablets und die Navigation auf berührungssensitiven Displays mit dem Finger optimiert.

Und gerade hier, im boomenden Tablet-Markt, liegt für Microsoft die große Hoffnung – und gleichzeitig die größte Gefahr. Das Unternehmen hinkt hier nämlich bereits seit geraumer Zeit hinterher. Zwar erkannte Microsoft-Gründer Bill Gates früh das Potenzial der Geräteklasse und war vor Jahren treibende Kraft in dem aufkeimenden Markt. Der Erfolg ließ allerdings auf sich warten. Erst Apple konnte mit seinem iPad den Markt wirklich erschließen. Zweieinhalb Jahre nach dem Start der ersten Generation beherrscht das iPad weiterhin das Geschäft. Auch bei Smartphones, wo Googles Betriebssystem Android klar führt, hatte Microsoft zuletzt kein Glück. Windows Phone 8, das am kommenden Montag auf den Markt kommt, soll dem ein Ende setzen.

Weltweit steht der PC-Markt, die Domäne von Microsofts Windows, unter Druck. Allein das Geschäft mit Smartphones und Tablets treibt die Branche derzeit an, wie für Deutschland kürzlich auch der Branchenverband Bitkom bestätigte.

Mit Windows 8 bietet Microsoft erstmals eine einheitliche Betriebsoberfläche für alle Geräte, vom Smartphone über Notebooks bis hin zum Schreibtischrechner. Mit einer eigenen Hardware, dem Tablet Surface, konkurriert der Software-Riese sogar erstmals mit seinen wichtigen Elektronikpartner – und riskiert Verstimmung unter seinen traditionellen Verbündeten. Alle führenden Hersteller sind aber dennoch zum Start von Windows 8 mit eigenen Produkten dabei.

Den Partnern wollte Microsoft die Entscheidung über Erfolg oder Misserfolg seines neuen Betriebssystems nicht überlassen. Das Surface soll als Referenz-Modell zeigen, was alles in der neuen Software steckt. Optional ist das Gerät mit einem dünnen Schutzdeckel ausgestattet, der sich aufgeklappt als vollwertige Tastatur inklusive Touchpad erweist – ein Design, das vielfach wohlwollende Beachtung fand. In ersten Praxistests hatte der Hybrid aus Tablet und Laptop allerdings nicht nur positive Reaktionen ausgelöst.

Beim Surface-Betriebssystem entschied sich Microsoft zunächst für die abgespeckte RT-Version, die auch mit Chips des Intel-Konkurrenten ARM arbeitet – aber auch weniger leistungsfähig ist. Zuletzt wurde bekannt, dass das Gerät für einen Preis von rund 600 Dollar inklusive „Touch Cover“ angeboten werden soll. Damit liegt das Surface preislich in etwa gleich auf mit Apples iPad.

Die versammelte Konkurrenz allerdings scheint Microsoft einiges an Potenzial zuzutrauen, jetzt massiv und erfolgreich zur Aufholjagd anzusetzen. Mit eigenen Produktvorstellungen wollen sie Microsoft nicht allein die Bühne überlassen. So stellte Apple erst am Dienstag ein neues iPad mini vor. Und Google will mit einer Veranstaltung am kommenden Montag, dem Starttermin von Windows Phone 8, Microsoft in die Parade fahren: Der Internet-Konzern dürfte in New York ein neues Smartphone und frische Tablet-Modelle seiner Nexus-Serie vorstellen.