In Ländern wie Brasilien, Indien oder der Ukraine greifen Menschen mit steigendem Einkommen für ihren täglichen Bedarf immer mehr in die Kühltruhen und Regale der Supermärkte. Das verhalf dem Konzern mit Marken wie Maggi, Thomy, Smarties oder Nesquik dieses Jahr zu einem Wachstum, das in den Schwellenländern fast fünf Mal so hoch ausfiel wie in den Industrieländern.

Zürich. Mit Nescafe, Babynahrung und Tierfutter erobert der Nahrungsmittelkonzern Nestle die Schwellenländer. In Ländern wie Brasilien, Indien oder der Ukraine greifen Menschen mit steigendem Einkommen für ihren täglichen Bedarf immer mehr in die Kühltruhen und Regale der Supermärkte. Das verhalf dem Konzern mit Marken wie Maggi, Thomy, Smarties oder Nesquik dieses Jahr zu einem Wachstum, das in den Schwellenländern fast fünf Mal so hoch ausfiel wie in den Industrieländern. Insgesamt wuchs der Umsatz im ersten Halbjahr um 7,5 Prozent auf 44,1 Milliarden Franken (36,75 Milliarden Euro). Der Nettogewinn stieg um 8,9 Prozent auf 5,1 Milliarden Franken. Auch die Krise in Europa hat der Weltmarktführer bisher gut gemeistert. Die Börse honorierte das Ergebnis mit einem Allzeithoch der Aktie.

Das organische Umsatzwachstum, das Wechselkurseffekte und Übernahmen nicht berücksichtigt, sank im Halbjahr auf 6,6 Prozent nach 7,2 Prozent im ersten Quartal. In den Schwellenländern, die für einen Umsatzanteil von inzwischen mehr als 40 Prozent stehen, legte der Konzern um 12,9 Prozent zu. Und so soll es weitergehen. „Wir eröffnen kontinuierlich neue Vertriebskanäle, um Verbraucher in den aufstrebenden Ländern zu erreichen“, sagte Konzernchef Paul Bulcke.

Die Euro-Schuldenkrise geht auch an den Schweizern nicht spurlos vorbei. Das Geschäft sei härter geworden, sagte Nestle-Finanzchefin Wan Ling Martello. „Das ist kein Spaziergang durch den Park“. Im Vergleich zu Konkurrenten wie Danone und Unilever wurde Nestle mit der Euro-Schuldenkrise gleichwohl besser fertig. In Ländern wie Griechenland oder Spanien setzten die Schweizer einfach verstärkt auf preisgünstigere Produkte wie etwa Fertig-Pizza und KitKat-Schokoladeriegel. Der Europa-Umsatz insgesamt stieg um 2,4 Prozent, in den südeuropäischen Krisenländern nahm er lediglich um 0,7 Prozent ab. Bei Unilever sanken die Europa-Verkäufe im zweiten Quartal um 2,2 Prozent. Auch die Niederländer wuchsen in den Schwellenländern. Der stärker auf Europa konzentrierte Danone-Konzern musste in Spanien die Preise senken und veröffentlichte kürzlich eine Gewinnwarnung. „Dass Nestle das Wachstum in Europa trotz der Wirtschafts- und Schuldenprobleme halten konnte, ist vielleicht das Eindrücklichste am Halbjahresergebnis“, sagte Bernstein-Analyst Andrew Wood. Nestle habe ein sehr solides Ergebnis vorgelegt. „Es ist angesichts des Umfeldes eine Klasse für sich“, sagte Kepler-Analyst Jon Cox.

Analysten hatten mit einem organischen Wachstum von 6,25 Prozent und einem Umsatz von 43,8 Milliarden Franken gerechnet. Den Reingewinn hatten die Experten auf 4,915 Milliarden Franken geschätzt.

Im zweiten Halbjahr könnte es für Nestle noch besser kommen, auch wenn das Umfeld in der Industrieländern nach Nestle-Einschätzung schwierig bleibt. Während der starke Franken im ersten Halbjahr noch auf die Bilanz drückte, könnten der von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) eingeführte Euro-Mindestkurs und ein festerer Dollar dem Konzern nach Ansicht des ZKB-Analysten Patrik Schwendimann Rückenwind geben. Nestle selbst rechnet damit, dass der von den Rohstoffpreisen ausgehende Kostendruck in der zweiten Jahreshälfte nachlässt. Auf jeden Fall sah Konzernchef Bulcke keinen Grund, an den bisherigen Zielen für 2012 zu rütteln. Nestle rechnet mit einem organischen Wachstum zwischen fünf bis sechs Prozent und einer Steigerung der Gewinnmargen. Im ersten Halbjahr konnte Nestle die höheren Kosten für Rohstoffe wie Kaffee, Kakao und Milch durch Preiserhöhungen und Kostensenkungen bei Vertrieb und Marketing weitgehend wettmachen.

Die Jahrhundert-Dürre in den USA mit nach oben schießenden Preisen für Getreide, Mais und Soja trifft Nestle nicht entscheidend. Getreideprodukte machen nur einen geringen Teil der Rohwarenkosten aus und der Konzern ist durch langfristige Lieferverträge abgesichert. Das gilt auch für brasilianischen Kaffee. Nach den Worten der Finanzchefin geht Nestle weiterhin von einem Anstieg der sogenannten Input-Preise im tiefen bis mittleren einstelligen Prozentbereich aus.

(Reuters)