Beim EU-Gipfel in Brüssel steht unsere Gemeinschaftswährung auf dem Spiel. Und mit ihr die europäische Stabilitätskultur.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat vor dem EU-Gipfel klargemacht, wo für sie im Kampf gegen die Euro-Krise die rote Linie verläuft. Keine Eurobonds, keine Hilfen ohne harte Sparauflagen und – zumindest mittelfristig – eine Beteiligung der privaten Gläubiger an den Kosten der Rettungsaktionen.

Der neue dauerhafte Krisenmechanismus soll nicht nur die Finanzmärkte beruhigen, sondern auch die zunehmende Skepsis der hiesigen Bürger gegenüber dem Euro ausräumen.

Selbst wenn Merkel diese Haltung in Brüssel durchhält und nicht erneut dem Drängen etlicher EU-Partner nach weiteren geldwerten Zugeständnissen nachgibt, ist die Zukunft der Gemeinschaftswährung damit nicht gesichert.

In den vergangenen Monaten wurden die EU-Beschlüsse immer wieder von der Realität über den Haufen geworden. Und entgegen allen Bemühungen ist die Kluft zwischen den taumelnden Pleitestaaten und dem gesunden Kernländern trotz aller Hilfen größer geworden, nicht kleiner.

Die Opposition zieht aus diesen Erfahrungen den irrwitzigen Schluss, Deutschland sollte, ohne weiter zu zögern, die Transferunion akzeptieren.

Selbstverständlich nehmen die Sozialdemokraten und Grünen diesen Begriff nicht in den Mund, sondern sprechen mit großer pathetischer Geste von europäischer Solidarität und Harmonisierung der Steuer- und Sozialpolitik in Euroland.

Und die zum Teil haarsträubende Kritik aus vielen EU-Staaten an Merkels Abwehrhaltung wird von den Oppositionsspitzen kritiklos übernommen. Sicher: Merkel hat in den vergangenen Monaten etliche taktische Fehler gemacht.

Doch in stürmischen Zeiten kann die Frage, ob Deutschland innerhalb der EU an Beliebtheit verliert, nicht im Mittelpunkt stehen. Es geht darum, zu verhindern, dass der einst so strahlende Euro verramscht wird.

Denn der Preis, den wir alle in Europa – nicht nur die Deutschen! – zahlen, wenn Euroland zur Schuldenunion degeneriert, übersteigt die bislang geleisteten Hilfen um ein Vielfaches.

Deshalb lohnt es allemal, in Europa für eine Stabilitätskultur zu kämpfen. Das ist unbequem. Denn wirtschaftliche Vernunft wärmt das Herz weniger als die großen Reden von der europäischen Solidarität.

Doch für die EU gilt das Gleiche, was auch national richtig ist: Politiker müssen sich ein enges Regelkorsett anlegen, das ihren Drang zum übermäßigen Geldausgeben mindert.

Wer diese stabilitätsorientierte Haltung als deutschen Egoismus verunglimpft, hat nicht begriffen, dass Wohlstand dauerhaft nicht auf Pump finanziert werden kann, sondern erarbeitet werden muss. Merkel stehen harte Verhandlungen bevor. Im Interesse Deutschlands und Europas ist ihr Fortune zu wünschen.

Quelle: Welt Online