Vor allem im Bereich Forschung und Entwicklung wollen die Chinesen in Europa investieren. Denn in ihrer Heimat fehlen ihnen die Fachkräfte.

Immer mehr chinesische Firmen sehen sich nach Investitionsmöglichkeiten in Deutschland und Europa um. „Viele chinesische Firmen kommen hierher, um zu verstehen, wie sie in Deutschland investieren können“, sagte der Vizechef der Chinesischen Industrieföderation, Liu Haiyan, am Rande einer deutsch-chinesischen Wirtschaftskonferenz in Hamburg.

Der Industrielle Guo Guangchang von Fosun Technology erklärte, insbesondere im Bereich Forschung und Entwicklung blickten chinesische Firmen immer stärker nach Europa, auch, weil in der Heimat geeignete Fachkräfte fehlten.

Liu und Guo gehören zu einer Delegation Industrieller und Beamter, die zur vierten deutsch-chinesischen Wirtschaftskonferenz nach Hamburg gekommen sind. Bis Freitag wollen die mehr als 400 Teilnehmer aus beiden Ländern die Möglichkeiten einer noch engeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit ausloten. Höhepunkt des von der Hamburger Handelskammer organisierten Treffens ist eine Rede von Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) am Freitagabend.

Bei den Investitionen wie auch bei den Exporten herrscht ein krasses Ungleichgewicht zwischen China und Europa: Europäische Firmen investierten im Jahr 2009 5,3 Milliarden Euro in China, umgekehrt waren es nur 300 Millionen Euro.

China exportierte im Jahr 2009 Güter im Wert von 215 Milliarden Euro in die EU. Die Lieferungen aus Europa nach China hatten ein Volumen von nur 82 Milliarden Euro. Über Hamburg wird mehr als die Hälfte aller deutschen Exporte nach China abgewickelt. Mehr als 400 chinesische Firmen sind in der Hafenstadt ansässig, laut Handelskammer mehr als in jeder anderen Stadt Europas.

Der Geschäftsführer der größten chinesischen Reederei Cosco, Wei Jiafu, sprach sich gegen Handelsbarrieren nicht nur im Warenverkehr, sondern auch im Bereich von Dienstleistungen wie Tourismus, Logistik, Marketing und Finanzwirtschaft aus: „Wir appellieren an die politisch Verantwortlichen in China und der EU, die Dienstleistungsmärkte weiter zu öffnen, das Investitionsklima hier auf beiden Seiten zu verbessern und protektionistische Maßnahmen aus dem Handelsbereich nicht zu übernehmen.“

Cosco würde sich gerne in den Hamburger Hafen einkaufen, scheitert aber bisher am Widerstand der Stadt, die die Kontrolle über das ökonomische Herz der Stadt nicht abgeben will.

Neben den Investitionsmöglichkeiten spielten Währungssorgen eine große Rolle auf der Konferenz. Handelskammer-Präsident Frank Horch sagte in der Begrüßung: „Dialog und Kooperation, nicht Konflikt und Auseinandersetzung, sollten die Schlüsselwörter der sino-europäischen Handelsbeziehungen werden.“ Horch bezog sich auf unterschiedliche Ansätze Deutschlands und Chinas etwa in der Währungspolitik und bei der Offenheit der Märkte.

In Bezug auf die zukünftige Währungspolitik Chinas nannte der Vize-Gouverneur der Zentralbank, Li Dongrong, vier Grundsätze: „Erstens wird die People's Bank of China (PBC) durch ein verbessertes Liquiditätsmanagement und Zugang zu Krediten weiter für Wirtschaftswachstum sorgen. Zweitens wird die PBC den Wechselkurs des Renminbi weiter reformieren, und sie wird drittens einen abgewogenen währungspolitischen Rahmen dazu entwickeln. Viertens wird die PBC die weitere Entwicklung der Finanzmärkte vorantreiben.“

Der Vizepräsident der Europäischen Zentralbank, Vitor Constancio, forderte China zu weiteren Reformen bei den Wechselkursen auf. Fachleute kritisieren schon lange, China halte den Wechselkurs seiner Währung Yuan künstlich niedrig, um so die Exporte zu fördern. Im Sommer hatte China leichte Lockerungen der Währungspolitik umgesetzt.

Zu Beginn der Konferenz betonte der Hamburger Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) die Bedeutung des China-Handels für den Hafen der Stadt. Der chinesische Parteifunktionär und frühere Bürgermeister von Schanghai Xu Kuangdi verwies auf die Verantwortung beider Länder für die endgültige Überwindung der Weltwirtschaftskrise.

Quelle: Welt Online