In der Krise verringerten die Autovermieter ihre Flotte. Jetzt fehlen Fahrzeuge und die Preise stiegen seit 2008 um 25 Prozent.

Das Klima im Mietwagengeschäft ist rauer geworden. Seit 2008 sind die Mieten um bis zu 25 Prozent gestiegen und nach der Wirtschaftskrise verharren sie auf diesem hohen Niveau. Die Zahl der Mietfahrzeuge hat sich zugleich um 20 Prozent verringert. Das führt nach dem Ende der Krise und dem Anziehen der Konjunktur offenbar zu Engpässen bei der Bereitstellung.

Bis zur Wirtschaftskrise zahlten in einem scharfen Wettbewerb die Vermieter oft sogar drauf. Sixt etablierte sich nach Aussagen von Fachleuten mit relativ niedrigen Preisen, verbunden mit einer Konzentration auf Premium-Marken. Als weiteres Standbein kam das Leasinggeschäft dazu, teils mit Komplettlösungen für Firmen. Die internationalen Anbieter Avis und Hertz konnten mithalten, indem sie die Margen in Ländern mit weniger umkämpften Märkten erhöhten. Europcar gehörte bis vor wenigen Jahren zum VW-Konzern, der Risiken abfedern konnte. Kleinere Vermieter ohne zweites Standbein wurden dagegen Opfer des Wettbewerbs, wie die Statistik zeigt.

Sixt führt an, vor der Krise seien die Preise über Jahre stabil geblieben oder leicht gesunken, „so dass bei zugleich steigenden operativen Kosten eine Anhebung betriebswirtschaftlich unabdingbar war“. Als der Gebrauchtwagenmarkt unter großem Preisverfall ächzte, änderten die Kfz-Hersteller ihre Strategie. Einst gaben sie Neuwagen in großer Menge günstig an Mietwagenfirmen ab. So hielten sie die Zulassungszahlen hoch, und neue Modelle erschienen schnell im Straßenbild. Nun aber schauen auch die Hersteller verstärkt auf den Preis, wie Europcar-Sprecherin Stephanie Dargel erläutert.

Wolfgang Neumann, Geschäftsführer der Avis Autovermietung in Deutschland, sagt, die Autovermieter würden weiter „ihre Flotten knapper halten als vor der Krise, was mit den Kosten zur Finanzierung der Fahrzeuge zu tun hat“. Aktuell lägen für den inländischen Markt die Preise für Privatkunden unter dem Niveau von 2009. Nach einer Verbesserung der Auslastung lägen überdies die erzielten Durchschnittspreise „leicht über denen von 2009“. Die Vermieter müssten die Kostensteigerung bei der Beschaffung der Fahrzeuge weitergeben. Auch Katrin Teichert, Geschäftsführerin der Hertz Autovermietung in Deutschland, weist darauf hin, dass die Preise wieder „leicht rückläufig“ seien.

Die Mietfirmen pflegen ihren Fahrzeugpark im „Buy back“-Verfahren: Bei Europcar nehmen die Hersteller nach etwa einem halben Jahr die Autos mit 20.000 bis 25.000 Kilometer Laufleistung zurück, wie Dargel sagt. Die Sprecherin erklärte aber ebenso wie Teichert von Hertz, ihr Unternehmen stocke gerade wieder auf. 2009 habe Europcar durchschnittlich 37.000 Fahrzeuge betrieben, in diesem Jahr würden es voraussichtlich mehr, aber „wir bleiben unter 40.000“. Das bedeute umgerechnet, dass pro Jahr allein von Europcar rund 100.000 Mietautos gekauft würden. Sixt dagegen hat seine Flotte von 2008 auf 2009 um sechs und im ersten Halbjahr 2010 um weitere sieben Prozent auf nun 62.800 verringert. Avis gibt an, seine Flotte sei mit etwa 22.000 gleich groß geblieben. Hertz nennt keine Zahlen, spricht aber von steigender Nachfrage „nach dem Krisenjahr 2009“. Deshalb seien sowohl die Pkw- als auch die Lkw-Flotte in den vergangenen Monaten aufgebaut worden.

Kunde wird nicht mehr verwöhnt

Für den Kunden bedeutet das: Er wird nicht mehr so umgarnt. Frühzeitige Reservierung empfiehlt sich. War früher auch mal ungefragt eine kostenlose Höherstufung drin, so ist das heute eher selten. Auch umfasst die Liste der mitgemieteten Mängel schon mal sechs Posten. Alle vier Firmen bestreiten, dass Fahrzeuge mit nennenswerten Schäden weiter vermietet würden. Sicherheitsmängel seien sowieso tabu. Hertz spricht von höherer Auslastung aufgrund des hohen Kostendrucks. Teichert: „Gebrauchsspuren wie leichte Kratzer oder kleinere Beulen lassen sich da nicht immer ausschließen.“

Sixt erklärte, eine Vermietung ungepflegter Fahrzeuge sei mit seinem „Premium-Anspruch“ nicht vereinbar. Das firmeneigene Qualitätssicherungssystem stelle sicher, „dass Fahrzeuge mit Schäden, die über Kleinstschäden hinausgehen oder sogar die Verkehrssicherheit beeinträchtigen könnten, nicht weitervermietet werden können“.

Bei Schönheitsreparaturen liegt nach inoffiziellen Aussagen die „Schmerzgrenze“ etwa bei 150 bis 200 Euro veranschlagter Reparaturkosten. Den Verdacht, dem Kunden würden zunehmend Mängel angelastet, für die er nicht verantwortlich sei, weisen alle weit von sich. Bei jeder Fahrzeugrückgabe werde der Zustand des Fahrzeugs mittels EDV erfasst und dokumentiert, erklärt Sixt, das pro Jahr rund 240.000 Schadensmeldungen hat. Der Pullacher Vermieter nimmt eigenen Angaben zufolge in 82 Prozent der Fälle die Kosten auf seine Kappe. Beim Rest würden die Kunden um Stellungnahme gebeten. Stelle sich dabei heraus, „dass der Kunde den Schaden verursacht hat, wird ihm der Schaden (...) in Rechnung gestellt“. Drei Prozent der Schadensberechnungen würden vom Kunden beanstandet, räumt der Vermieter allerdings ein.

Schäden durch Dritte

Dargel verweist auf ein Übergabeprotokoll, auf dem der Kunde im Zweifel bei Abgabe des Autos bestehen solle. Neumann erklärt für Avis, etwaige Schäden würden bei Anmietung „in einem Protokoll festgehalten, das auch von dem Kunden zusammen mit dem Mietvertrag abgezeichnet wird. Daher kann der Kunde nicht für einen Schaden belastet werden, der nicht während seiner Miete verursacht wurde.“

Nicht erörtert wird dabei die Frage, wer einen Schaden während der Miete verursacht hat und wo die Haftung liegt. Ist es etwa ein Rowdy, der nächtens den geparkten Wagen mutwillig zerkratzt, so ist dies nach einschlägigen Urteilen in Deutschland nicht dem Fahrer anzulasten, sondern dem Rowdy. Ist der nicht zu ermitteln, hat der Halter, also die Vermietfirma, Pech gehabt. In diesen Tagen, in denen mit winterlicher Witterung gerechnet werden muss, rückt darüber hinaus eine der bisher eher nachlässig betrachteten Zusatzleistungen ins Blickfeld: die „geeignete Bereifung“, wie es in der Straßenverkehrsordnung noch heißt. Künftig soll diese Formulierung präzisiert werden. Wie das genau ausgeht, entscheidet am 26. November der Bundesrat. Hier kann die Verantwortung nicht dem Vermieter angelastet werden. Für die Winterbereifung macht die Polizei den Fahrer haftbar. Wer sein Mietauto bei Abholung garantiert mit Winterreifen vorfinden will, zahlt bei den vier Großen zwischen 14 und 16 Euro pro Miettag.

Quelle: Welt Online