Irland braucht 70 Milliarden Euro aus dem Rettungsschirm. Das schwächt die Gemeinschaftswährung und erhöht das Risiko eines Abwertungswettlaufs.
Die Sorge um die Stabilität des Euro ist zurück. Da sich die Lage in Irland seit Anfang November dramatisch zugespitzt hat, fürchten andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein Übergreifen der Krise auf weitere Länder. Nach Informationen der „Welt am Sonntag“ soll in der kommenden Woche in Brüssel konkret über ein Hilfspaket für Irland beraten werden. Vor allem Spanien und Portugal drängen dem Vernehmen nach auf eine Rettungsaktion, wie es sie im Frühjahr für Griechenland gegeben hatte; die Regierungen beider Länder fürchten, sonst selbst in die Schusslinie zu geraten.
Der Devisenmarkt teilt die Sorge: Der Kurs der Gemeinschaftswährung ist in nicht einmal zehn Tagen von 1,42 Dollar auf unter 1,37 Dollar gefallen – dabei wäre eigentlich eine Aufwertung des Euro gegenüber dem Greenback zu erwarten, schließlich hat die US-Zentralbank gerade erst beschlossen, abermals die Notenpresse anzuwerfen.
Eine fortgesetzte Schwächung des Euro könnte die Gefahr eines internationalen Abwertungswettlaufs erhöhen. Bei ihrem G-20-Treffen diese Woche in Seoul haben die großen Industrie- und Schwellenländer gelobt, einen solchen Währungskrieg zu verhindern. Nach wie vor aber werfen die USA China vor, seinen Yuan niedrig zu halten, um die Wettbewerbsfähigkeit des Landes künstlich zu erhöhen. Die chinesische Führung wiederum unterstellt – im Einklang mit der Bundesregierung – den Amerikanern, den Dollar absichtlich zu entwerten.
„Verzerrungen der Wechselkurse“, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kurz vor dem G-20-Gipfel der „Welt“, würden „den globalen Aufschwung schwächen“. Wie groß die Angst vor einem Abwertungswettlauf ist, zeigt sich daran, dass selbst radikale Alternativen zum herrschenden Wechselkurssystem diskutiert werden. So hat Weltbank-Chef Robert Zoellick eine Rückkehr zum Goldstandard ins Spiel gebracht, bei dem Währungen an das Edelmetall gekoppelt würden.
Irland steckt in einer schweren Wirtschaftskrise. Viele Investoren bezweifeln, dass Dublin seine Schulden zurückzahlen kann. Die Risikoprämie, die Anleger beim Kauf von irischen Staatsanleihen verlangen, erreichte zuletzt zeitweilig 6,5 Prozentpunkte. „Das Land wird es aus eigener Kraft nicht mehr aus der Klemme schaffen“, sagte Thomas Straubhaar, Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts HWWI. EU-Diplomaten erwarten nach Informationen dieser Zeitung, dass Irland bis zu 70 Milliarden Euro aus dem europäischen Rettungsfonds abrufen muss. „Die Situation im Euroraum macht mir Sorgen“, sagte Anton Börner, Präsident des Außenhandelsverbands BGA. „Der Rettungsschirm verhindert im Moment das Schlimmste, aber es ist zu früh, um Entwarnung zu geben.“
Irland kann seine Finanzprobleme nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) auch ohne fremde Hilfe in den Griff bekommen. „Ich denke, Irland kann ganz gut alleine zurechtkommen“, sagte IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn am Rande des Asien-Pazifik-Gipfels im japanischen Yokohama. Bislang sei kein Hilfsersuchen beim IWF eingegangen. EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn sagte im finnischen Rundfunk: „Wir sind bereit und behalten die Lage in enger Zusammenarbeit mit den irischen Behörden im Auge“.
Dem ohnehin angeschlagenen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wird in der Union eine Mitschuld für die hohen Risikoprämien gegeben. Der Chef der CSU-Europagruppe Markus Ferber sagte dem „Spiegel“: „Der Finanzminister hätte wissen müssen, dass sein Vorstoß für eine Beteiligung privater Gläubiger im Falle einer Staateninsolvenz es Ländern wie Irland und Griechenland noch schwerer macht, sich durch Staatsanleihen zu finanzieren.“