In Seoul sollen Maßnahmen beschlossen werden, die das Finanzsystem sicherer machen. Einige Aktien-Notierungen könnten Sprünge machen.

„Bitte lächeln“ steht in Seoul derzeit auf diversen Plakatwänden. Die südkoreanische Regierung will so ihre Bürger dazu auffordern, den anreisenden Gästen des G-20-Gipfels ein harmonisches Umfeld zu bereiten. Doch wenn am Donnerstag die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer zu ihrer Konferenz zusammenkommen, dann wird dies kein einträchtiges Zusammensein. Vielmehr dürfte es heftigen Streit geben. Es geht dabei um nicht weniger als um grundlegende Fragen der künftigen wirtschaftlichen Zusammenarbeit.

Warum ist der G-20-Gipfel für Sparer wichtig?

Erstes Ziel der G-20-Treffen ist es, das Finanzsystem sicherer und stabiler zu machen. Unmittelbar nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers hatten die Konsultationen begonnen. Jetzt endlich könnten konkrete Maßnahmen beschlossen werden, die vor allem die Banken stärker an die Kandare nehmen. Ein Thema ist jedoch hinzugekommen, das inzwischen die Regulierungsfragen sogar überlagert. Hierbei geht es um den drohenden Währungskrieg. Immer mehr Länder versuchen die eigene Währung zu verbilligen, um so Exporte ihrer Firmen zu erleichtern. Dies droht zu einem Wettlauf nach unten auszuarten, worunter am Ende der internationale Handel leidet und so alle verlieren – auch Sparer und Aktionäre. Die Gewinne vieler Unternehmen kämen unter Druck, die heftigen Schwankungen an den Devisenmärkten gingen weiter und erhöhten das Risiko.

Wo verlaufen die Konfliktlinien?

Ursache des Konflikts sind die enormen Ungleichgewichte bei den Leistungsbilanzen (siehe Weltkarte). Einige Länder, wie China oder Deutschland, verzeichnen riesige Überschüsse, andere dagegen, vor allem die USA, fahren ebenso große Defizite ein. Die USA führen dies auf unlauteren Wettbewerb zurück, klagen vor allem China an, es halte seine Währung künstlich schwach.

Aber auch Deutschland wird bedrängt, weniger zu exportieren. Kanzlerin Angela Merkel hat jedoch im Vorfeld die Leistungsbilanzen als „Leistungszeugnis“ verteidigt. Und China klagt seinerseits die USA an, weil deren Notenbank derzeit die ganze Welt mit frisch gedrucktem Geld flutet. Dies führe vor allem in den Schwellenländern zu Vermögenspreisblasen und Inflation. China wehrt sich dagegen, durch scharfe Worte aus der Regierung, aber auch durch demonstrative Maßnahmen regierungsnaher Institutionen wie der Ratingagentur Dagong (siehe unten)

Wie sehen mögliche Lösungen aus?

US-Finanzminister Timothy Geithner hatte schon vor Wochen den Gedanken ins Spiel gebracht, dass die Außenhandelsüberschüsse durch staatliche Eingriffe begrenzt werden sollten. Dagegen wehren sich aber vor allem Deutschland und China, da sie dies für einen Eingriff in den Markt halten.

Andere Vorschläge gehen dagegen viel weiter. So hat Weltbank-Chef Robert Zoellick vor einigen Tagen ein neues Weltwährungssystem angeregt. Dieses würde vor allem die Rolle des Dollar beschneiden, ihn gleichberechtigt neben Euro, Yuan und britisches Pfund stellen. Daneben sollte auch Gold als Anker eine Rolle spielen. China wiederum hatte ebenfalls ein neues Weltwährungssystem angeregt. Was bedeutet das für Gold?

Egal, was in Südkorea beschlossen wird: Gold wird wohl eine wichtigere Rolle im Weltfinanzgebilde spielen. Selbst wenn die Regierungen dem Edelmetall keine zentrale Rolle bei Wechselkursen zubilligen, so dürfte die wachsende Unsicherheit über die Zukunft der Währungen zu einem Zustrom in die Anlageklasse Gold führen. Schon in den vergangenen Tagen war der Preis für eine Feinunze erstmals über 1400 Dollar gestiegen.

Hat der Gipfel auch Auswirkungen auf das Zinsniveau?

Die weitere Zinsentwicklung wird entscheidend davon abhängen, ob es aus Seoul ein klares Signal für ein Ende der milliardenschweren Konjunkturprogramme gibt. Gerade die Europäer machen sich dafür stark, dass der Geldhahn nicht weiter aufgedreht wird und stattdessen umfangreiche Sparprogramme kommen. Die USA setzen dagegen angesichts ihrer schwächelnden Wirtschaft weiter auf Milliardenhilfen durch die Notenbank. Gibt es auf dem Gipfel Anzeichen für ein Ende der Phase des billigen Geldes, wird sich dies auf die Kapitalmärkte in Form steigender Zinsen auswirken. Negative Auswirkungen könnte dies auf die Anlageklassen haben, die zuletzt besonders von der Liquiditätsschwemme profitierten: Aktien und Rohstoffe. Muss ich mir Sorgen machen, wenn ich Bankaktien besitze?

Schon im Vorgriff auf den G-20-Gipfel kam Bewegung in die Kurse einiger Bankaktien. In Seoul geht es vor allem um die weltgrößten Institute und die Frage, wie verhindert werden kann, dass diese Schwergewichte das ganze Finanzsystem noch einmal ins Wanken bringen. Noch sind die Namen der betroffenen Banken nicht bekannt, aber es gilt als sicher, dass die Deutsche Bank auf der Liste der sogenannten systemrelevanten Banken auftauchen wird. Um die Risiken einzudämmen, steht zur Debatte, dass diese Geldhäuser künftig Extra-Eigenkapital bereithalten müssen – was den Aktienkurs belasten könnte. Umgekehrt kommt es schnell zu einem Kurssprung, wenn ein vermeintlich systemrelevantes Haus doch nicht auf der Liste auftaucht. Gerüchte in diese Richtung hatten am Mittwoch bereits zu einem deutlichen Anstieg japanischer Finanzwerte geführt. Die schon vor einigen Wochen ausgehandelten neuen Eigenkapitalvorschriften für alle Banken, bekannt unter dem Stichwort Basel III, sollen in jedem Fall in Südkorea verabschiedet werden. Hier ist mit keinem weiteren Kurseffekt mehr zu rechnen.

Quelle: Welt Online