Länder und Kommunen könnten einem Gutachten zufolge Milliarden an längeren AKW-Laufzeiten verdienen. Größter Gewinner bliebe der Bund.

Die geplante Laufzeitverlängerung für die 17 deutschen Atomkraftwerke beschert entgegen früherer Annahmen auch den Bundesländern und Kommunen Mehreinnahmen in Milliardenhöhe. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Beratungsunternehmens r2b energy consulting im Auftrag der RWE AG, die WELT ONLINE vorliegt. Demnach fließen dem Fiskus nicht nur Mittel aus der geplanten Brennelementesteuer zu. Langfristig kann die öffentliche Hand zudem auch noch mit Mehreinnahmen von 9,2 Milliarden Euro rechnen, weil die Betreiber der Atomkraftwerke durch die Laufzeitverlängerung bis zum Jahr 2036 höhere Gewinne einfahren.

Bislang waren Ländern und Gemeinden davon ausgegangen, zu den Verlierern des „Atom-Vertrags“ zwischen Bundesregierung und den AKW-Betreibern E.on, RWE, Vattenfall Europe und EnBW zu gehören. Denn die geplante Brennelementesteuer, die nur dem Bund zufließt, führt wegen der entsprechend sinkenden Gewinne der AKW-Betreiber zu geringeren Ertragssteuern für die Länder und Kommunen.

Nach dem r2b-Gutachten ist dies allerdings nur ein kurzzeitiger Effekt. „In den ersten Jahren führen die zusätzlichen Belastungen der Kernkraftwerksbetreiber zu einer Abnahme der Ertragssteuerzahlungen“, heißt es dort. „Diese Abnahme der Ertragssteuern verringert sich sukzessive und ab dem Jahr 2015 dreht sich der Effekt um, so dass durch die Laufzeitverlängerung die Ertragssteuereinnahmen mittel- und langfristig erheblich steigen.“

Über den gesamten Zeitraum 2011 bis 2036, dem erwarteten Ende der Atomkraftnutzung, „kann die öffentliche Hand mit Mehreinnahmen aus Ertragssteuern in Höhe von rund 9,2 Milliarden Euro rechnen“, heißt es in dem Gutachten. Berücksichtigt man zusätzlich die Einnahmen aus der Brennelementesteuer, beträgt der steuerliche Effekt der Laufzeitverlängerung in Summe etwa 23,3 Milliarden Euro bis zum Jahr 2036. Daneben werden die AKW-Betreiber zusätzlich mit 38,1 Milliardeb Euro zur Kasse gebeten, die in diesem Zeitraum in einen Fonds zur Förderung der erneuerbaren Energien fließen sollen.

Von den steuerlichen Mehreinnahmen, die sich aus der Laufzeitverlängerung ergeben, profitiert der Bund am stärksten. Ihm fallen von den gesamten 23,3 Milliarden Euro allein 16,6 Milliarden Euro zu. Alle Bundesländer zusammen erhalten 2,9 Milliarden Euro, die Kommunen 3,8 Milliarden Euro. Wie es in dem Gutachten für die RWE weiter heißt, erzielt „der Bund bereits ab dem Jahr 2011 erhebliche Mehreinnahmen.“

In dem Gutachten von r2b wird eine Besteuerung der Konzerngewinne mit einem Körperschaftssteuersatz inklusive Solidaritätszuschlag von rund 15,8 Prozent angenommen. Die Körperschaftssteuer geht je zur Hälfte an den Bund und an die Länder. Zusätzlich werden die Gewinne mit einem durchschnittlichen Gewerbesteuersatz von 15,05 Prozent besteuert. Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer verbleiben zu 83,5 Prozent bei den Gemeinden. Kommunalvertreter hatten sich zuletzt stets gegen eine Laufzeitverlängerung für die deutschen Atomkraftwerke ausgesprochen. Sie befürchten, dass sich die Investitionen der Stadtwerke in eigene Kraftwerkskapazitäten nicht mehr rentieren, wenn die Laufzeitverlängerung zu tendenziell niedrigeren Strompreisen führten sollte.

Quelle: Welt Online