Aldi, Lidl, Rewe und Real, Banken, Sparkassen und Internetshops: Sie alle locken Verbraucher mit gefälschten Stiftung Warentest-Siegeln.
Für viele Verbraucher ist sie bei Kaufentscheidungen die oberste Instanz: Die Stiftung Warentest. Egal ob es um Kindersitze, Waschmaschinen, Versicherungen oder Haarshampoo geht, das kleine rote Test-Logo steht für gute Qualität zu vernünftigen Preisen. Wenn die Prüfer aus Berlin die Noten „gut“ oder „sehr gut“ vergeben, ist das für viele daher ein klares Signal zum Kaufen.
Das belegt auch eine aktuelle Umfrage des „Stern“. Drei Viertel der Bundesbürger suchen demnach regelmäßig Rat bei unabhängigen Verbraucherschützern. Am beliebtesten ist dabei die Stiftung Warentest, vor den Verbraucherzentralen oder dem Verbraucherministerium.
Dieses Vertrauen in die Stiftung Warentest machen sich Firmen gerne zunutze, einige jedoch auch auf unlautere Weise. So kommt es immer wieder vor, dass das Gütesiegel inklusive guter Note auf Produkten prangt, die es gar nicht verdient haben. Dieses Verhalten beobachtet Heike van Laak von der Stiftung Warentest schon seit einigen Jahren.
Rund 100 Fälle solcher Art muss sie jedes Jahr registrieren. Mittlerweile kümmert sich im Auftrag der Stiftung Warentest sogar eine Anwaltskanzlei um die Verfolgung der Täuschungsversuche. „Wir wollen, dass sich die Leute auf die Werbung mit unserem Logo verlassen können“, sagt van Laak.
Aldi übertrug das Siegel einfach auf alle Laptops
Wenn es darum geht, die Verbraucher auszutricksen, zeigen sich Unternehmen extrem erfinderisch. Eine Möglichkeit: Ein gutes Testurteil wird pauschal auf eine ganze Produktlinie übertragen oder sogar auf Produkte, die nur entfernt etwas mit dem ursprünglich bewerteten zu tun haben. So hatte die Service-Hotline für Aldi-Notebooks die Note „gut“ erhalten. Prompt übertrug der Discounter die Note auf die Geräte an sich, obwohl diese überhaupt nicht getestet wurden.
Um ihre Kunden zu täuschen, lassen Firmen auch dann das Test-Siegel auf der Verpackung, wenn sich das Produkt seit dem Test verändert hat. Auch das ist laut Stiftung Warentest nicht zulässig. Bei Lidl kam das trotzdem vor. Ein Olivenöl, Sorte „Extra vergine“, wurde von der Stiftung mit „gut“ benotet. Da zudem auch noch der Preis stimmte, fand das Öl reißenden Absatz.
Um die Kapazitäten wieder aufzufüllen, kaufte Lidl dann Öle aus anderen Anbaugebieten und füllte es in die mit der Note „gut“ gekennzeichneten Flaschen. Der Qualitätsunterschied war so groß, dass Verbraucher sogar bei der Stiftung Warentest anriefen, um sich über das misslungene Urteil zu beschweren.
"PillenVZ" fälschte das Logo
„PillenVZ“, ein Online-Vergleichsportal für Apotheken, hat es sich noch einfacher gemacht. Die Betreiber der Internetseite hatten das Test-Logo schlicht nach ihren Wünschen modifiziert. Darin stand dann „Potenzmittelapotheken im Test, Ausgabe 02/2010“ und die Note „sehr gut“. Leider wurden in jener Ausgabe weder Potenzmittel noch Apotheken getestet. Lediglich in Ausgabe 09/2009 wurden Potenzpillen unter die Lupe genommen, aber auch dort nicht bewertet.
Eine weitere beliebte Finte ist es, veraltete Test-Logos auf der Verpackung zu lassen, auch wenn in einer neueren Untersuchung Produkte der Konkurrenz vorne liegen. Doch gerade die Mitbewerber sind für die Stiftung Warentest auch gleichzeitig wichtige Tippgeber. „Die allermeisten Fälle werden als erstes von der Konkurrenz entdeckt“, so Heike van Laak.
Natürlich fallen auch den Verbrauchern selbst solche Ungereimtheiten auf. Die Unternehmen aber sehen in diesem Vorgehen einen ungerechten Wettbewerbsvorteil und werden daher aktiv. Denn der Marktwert eines gut bewerteten Produkts wird laut Studien um bis zu 30 Prozent gesteigert. Ein Vorteil, den ein Unternehmen keinem Konkurrenten gerne überlässt.
Fragt man Unternehmen, ist die Ursache für den Etikettenschwindel häufig menschliches Versagen. Teilweise sei das auch glaubwürdig, sagt Heike van Laak. Vor Strafe schützt das jedoch nicht: In den meisten Fällen mahnt die Verbraucherzentrale im Auftrag der Stiftung Warentest die betreffenden Unternehmen ab. Darunter finden sich nicht nur Discounter, sondern auch Einzelhändler wie Real, Rewe und Karstadt oder Banken und Bausparkassen.
Härtefälle landen vor Gericht
Der Vorwurf: Unlautere Werbung. Die meisten Konflikte werden außergerichtlich gelöst, etwa mit Hilfe von Unterlassungserklärungen. Die Härtefälle landen aber doch vor Gericht. Die unabhängigen Tester haben schließlich einen guten Ruf zu verlieren.
Die Verbraucher andererseits haben unter Umständen viel Geld zu verlieren aufgrund der irreführenden Werbung. Was können sie also tun, wenn sich beispielsweise das Siegel auf dem gerade gekauften Kindersitz als ungerechtfertigt entpuppt? „Wenn das Test-Urteil ein Kriterium für den Kauf war, dann ist die Rückgabe kein Problem“, sagt Petra von Rhein, Rechtsexpertin bei der Verbraucherzentrale Bayern.
Das Vorgehen der Firmen könne man dann als Betrug oder arglistige Täuschung bezeichnen. Als Käufer muss man dann lediglich den Nachweis erbringen, dass eindeutig mit dem Logo der Stiftung Warentest geworben wurde, sei es auf der Verpackung oder im Prospekt. In den meisten Fällen dürfte das kein Problem sein.