Gegen die Brennelementesteuer, für längere Atom-Laufzeiten: Top-Manager und Prominente stellen sich gegen die Energiepolitik von Kanzlerin Merkel.
Mehr als 40 Top-Manager und andere Prominente drängen Bundeskanzlerin Angela Merkel mit einer gemeinsamen Initiative zum Verzicht auf neue Energiesteuern und zum Weiterbetrieb von Kernkraftwerken. Mehrere Zeitungen berichteten von einem „energiepolitischen Appell“ in Form einer ganzseitigen Anzeige. In der vom „Handelsblatt“ zitierten Anzeige heißt es unter anderem, eine zukunftsträchtige Energiepolitik müsse auch die Kernenergie einbeziehen. Ein vorzeitiges Abschalten vorhandener Atomanlagen würde „Kapital in Milliardenhöhe vernichten, zu Lasten der Umwelt, der Volkswirtschaft und der Menschen in unserem Land“.
Auch zu den umstrittenen Plänen der Regierung für eine neue Atomsteuer für die Betreiber der Kernkraftwerke, eine sogenannten Brennelementesteuer, äußern sich die Unterzeichner des Appells kritisch. „Eine Politik, die darauf setzt, den Haushalt mit neuen Energiesteuern zu sanieren, blockiert die notwendigen Investitionen der Zukunft“, heißt es in der Anzeige. Als Beispiele wird auf die Bennelementesteuer und eine weiter steigende Ökosteuer verwiesen. Die Anzeige ist überschrieben mit der Zeile: „Mut und Realismus für Deutschlands Energiezukunft“.
Zu den Unterzeichnern des Appells gehören unter anderem Josef Ackermann, der Chef der Deutschen Bank, Bahn-Chef Rüdiger Grube, BASF-Chef Jürgen Hambrecht, E.ON-Chef Johannes Teyssen aber auch die früheren SPD-Minister Otto Schily und Wolfgang Clement sowie der Manager der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft Oliver Bierhoff.
Die Anzeige kommt zu einer Zeit, in der die Arbeit der Bundesregierung an einem umfassenden Energiekonzept in die Endphase geht und Beschlüsse über die neue Atomsteuer und Einschränkungen bei Vergünstigungen für energieintensive Branchen bei der Ökosteuer anstehen.
Die Bundesregierung will bis zum 1. September Klarheit über die umstrittene Brennelementesteuer oder eine andere Milliardenabgabe der Stromkonzerne schaffen. Ende September soll die Entscheidung zum künftigen Energie-Mix und den Laufzeiten der Kernkraftwerke fallen. Aktuell hält die Regierung noch an der im Juni auf der schwarz- gelben Sparklausur verabredeten Atomsteuer fest, die ab 2011 jährlich 2,3 Milliarden Euro einbringen soll.
Als Gegenleistung für den Steuer-Verzicht wollen die Konzerne nun die Hälfte der erwarteten Milliarden-Zusatzgewinne aus längeren Laufzeiten ihrer Reaktoren an den Staat abgeben. Merkel hatte sich zuletzt grundsätzlich offen für eine andere Form der Abgabe gezeigt. „Sollte die Kanzlerin die Brennelementesteuer fallenlassen, wäre das ein einzigartiger Kniefall der Bundeskanzlerin vor der Atomindustrie“, kritisierte Greenpeace.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) verteidigte die ablehnende Haltung der Industrie zur Brennelementesteuer. Die Wirtschaftlichkeit kleinerer Anlagen sei bei Einführung der Steuer nicht mehr gegeben, sagte BDEW-Vorsitzende Hildegard Müller dem Deutschlandradio Kultur. Die Brennelementesteuer ist ein wichtiges Element des Sparpakets der Bundesregierung, sie soll Einnahmen in Höhe von 2,3 Milliarden bringen.
Seit Tagen steht die Bundesregierung wegen der Energiepolitik in der Kritik. Für den 18. September kündigten Umweltverbände, Bürgerinitiativen, Parteien und Gewerkschaften eine Demonstration im Berliner Regierungsviertel an. Es seien bereits zwei Sonderzüge und 30 Busse angemeldet worden. Der Sprecher der Organisation „ausgestrahlt“, Jochen Stay, sagte: „Wir werden alles dransetzten, die Regierungspläne zu stoppen.“