Investor Nicolas Berggruen und die Valovis-Bank sind einem Kompromiss näher gekommen. Bis zum 10. August muss die Entscheidung fallen.
Im Dauerstreit um die Zukunft der Warenhauskette Karstadt steht offenbar eine Lösung kurz bevor. Nach zahlreichen Verhandlungsrunden haben Investor Nicolas Berggruen und der Immobilienfinanzierer Valovis am Wochenende einen Kompromiss in ihrem Streit um Mieten und Sicherheiten gefunden. Das erfuhr WELT ONLINE aus Unternehmenskreisen.
Diesen Informationen zufolge wurden bereits entsprechende Papiere unterschrieben. Am Wochenende äußerten sich auch Alexander Dibelius, Deutschland-Chef der Investmentbank Goldman Sachs, die hinter Highstreet steht, und Margret Mönig-Raane, stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Ver.di, optimistisch über eine Lösung im Karstadt-Streit.
Berggruen und Valovis – die Bank finanziert mit 850 Mio. Euro zahlreiche Karstadt-Immobilien von Highstreet – verwiesen lediglich darauf, dass sie Stillschweigen über ihre Verhandlungen vereinbart hätten. Die Meinungsverschiedenheiten dieser beiden Gruppen galten zuletzt als Flaschenhals für Übernahme der 120 Karstadt-Häuser und ihrer 25.000 Mitarbeiter durch Berggruen. Würde die Übernahme wegen der Streitigkeiten platzen, drohte Karstadt die Zerschlagung.
Mit einer Einigung zwischen Berggruen und Valovis gilt das für den Mittwoch in London anberaumte Treffen bisher unentschlossener Gläubiger des Vermieterkonsortiums Highstreet nur noch als Formsache. 75 Prozent der Investoren müssen dort unter anderem die bisher ausgehandelten Mietsenkungen für Karstadt über fast 400 Mio. Euro akzeptieren. „Wir gehen von einer Zustimmung aus“, sagte Dibelius nun.
Eine deutliche Reduzierung der Mietbelastung ist die Voraussetzung dafür, dass der Anfang Juni von Berggruen unterschriebene Kaufvertrag tatsächlich in Kraft tritt. Am 10. August will das Amtsgericht Essen feststellen, ob diese Voraussetzung erfüllt ist. Sollte das der Fall sein, hat Karstadt mit Berggruen tatsächlich einen neuen Eigentümer und wäre zunächst gerettet. Am 9. Juni 2009 hatte das Unternehmen Insolvenz angemeldet.
Der Druck auf die Verhandlungspartner war zuletzt auch deshalb gestiegen, weil spekuliert worden war, dass das Gericht den Termin nicht noch ein weiteres Mal verschieben werde. Ohne Einigung hätte Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg das Unternehmen zerschlagen, was allen Beteiligten als schlechteste Lösung galt.
Die Hoffnung auf eine baldige Einigung war auch durch eine Äußerung von Goldman-Banker Dibelius angefacht worden. Highstreet gehören 86 der 120 Karstadt-Häuser, sowie weitere Immobilien, die von dem Unternehmen genutzt werden. „Wir haben den Weg für eine Einigung frei gemacht, dabei haben wir weitere Konzessionen beim Mietvertrag gemacht“, zitiert die „Bild am Sonntag“ den Bank-Chef. Dibelius hatte 2006 mit dem damaligen Chef der Karstadt-Mutter Arcandor, Thomas Middelhoff, den Verkauf der Immobilien für mehr als 3,7 Mrd. Euro und die Rückmietung durch Karstadt ausgehandelt. Seither war immer wieder von einer deutlich überhöhten Mietbelastung die Rede, die letztlich zur Insolvenz des Warenhauses beigetragen habe. Erst nach der Pleite wurden die Summen reduziert.
Mit seiner Äußerung vom Sonntag wiederholte Dibelius zwar lediglich frühere Versprechen, nach denen sich Highstreet nicht querstellen werde, falls sich Berggruen und Valovis einigten. Doch die Tatsache, dass er sich zum ersten Mal seit langem selber zu dem für Goldmans Image höchst unerfreulichen Geschäft äußerte, gilt als klarer Hinweis auf die bevorstehende Einigung. Möglicherweise will Dibelius mit dem Vorstoß auch Druck für eine Zustimmung auf die Deutsche Bank ausüben, die über ihre Immobilientochter DBRreef ebenfalls an Highstreet beteiligt ist.
In den vergangenen Wochen noch hatten Beobachter den Eindruck, das Highstreet-Konsortium, das im Bieterverfahren um das operative Karstadt-Geschäft unterlegen war, wolle die Übernahme der Warenhäuser durch Berggruen um jeden Preis verhindern. Immer wieder wurden aus dem Konsortium Zweifel an Berggruens Konzept und Finanzkraft gestreut. Möglicherweise wollte Highstreet damit nur Zeit gewinnen, um zeitig mit anderen Interessenten zu verhandeln.
Wie WELT ONLINE aus Kreisen jenseits der Unternehmen erfuhr, gab es bereits seit mehreren Wochen ernsthafte Verhandlungen mit einem ausländischen Investor, der nicht nur das operative Geschäft, sondern auch die Karstadt-Immobilien kaufen wollte. Dem Vernehmen nach handelte es sich dabei um die Eigentümer der spanischen Warenhauskette El Corte Ingles.
Die Kette gilt als eine der besten in Europa. Die Spanier sollen über einen Kaufpreis, der oberhalb der zuletzt diskutierten 65 Mio. Euro lag, sowie Investitionen von rund 100 Mio. Euro allein für das Jahr der Übernahme nachgedacht haben. Weil das Verfahren jedoch kompliziert und die Zeit bis zum 10. August zu knapp ist, sowie Probleme mit dem europäischen Kartellamt zu befürchten waren, machten die Spanier den Informationen zufolge jetzt einen Rückzieher. Damit fehlte Highstreet die Alternative für die Karstadt-Übernahme durch Berggruen. Die beteiligten Unternehmen äußerten sich dazu nicht.