Steckt Protest hinter den massenhaften Krankmeldungen von Spaniens Fluglotsen? Bedenkt man ihr Gehalt, gerät man leicht ins Staunen.
Das kann eigentlich kein Zufall sein. Ausgerechnet mitten in der Ferienzeit erkranken Spaniens Fluglotsen gleich reihenweise. Seit Mai haben sich die Fehlzeiten verdreifacht, an manchen Tagen erscheint bis 40 Prozent der Belegschaft einfach nicht am Arbeitsplatz, angeblich wegen „Stress, Depressionen und Überlastung“. Das führt zu Problemen in den Towern von Madrid, Barcelona oder Valencia. So kommt es seit einigen Tagen immer wieder zu Verspätungen, ganz besonders betroffen sind die Ziele rund ums Mittelmeer wie Palma de Mallorca und Alicante.
In Barcelonas Flughafen „El Prat“ meldeten sich am Wochenende acht Lotsen nur wenige Minuten vor Schichtbeginn krank, so dass kurzfristig kein Ersatz gefunden werden konnte. Während es die Passagiere noch halbwegs gelassen hinnahmen, schäumte Spaniens Transportminister José Blanco. „Das ist eine konzertierte Aktion“, so der Minister. „Damit fügen die Lotsen der spanischen Wirtschaft und den Airlines einen schweren Schaden zu“.
Blanco kennt die Hintergründe der unheimlichen Krankheitswelle. Im Frühjahr hatte er sich auf ein Kräftemessen mit dem mächtigen Kollektiv eingelassen, das in Spanien aus rund 2300 Personen besteht. Er kürzte ihnen die Überstunden, die rund 40 Prozent des Gehalts ausmachen. Die Fluglotsen des Landes verdienen bis zu 370.000 Euro im Jahr und damit mehr als doppelt so viel wie etwa die Kollegen in Deutschland. Hinzu kam, dass die Lotsen jede Überstunde fürstlich entlohnt bekommen und deshalb so viele Sonderschichten wie nur möglich einlegten. Per Gesetzesdekret machte Blanco jetzt mit dieser Praxis Schluss. Die gescholtenen Lotsen schieben die Schuld für das sommerliche Chaos an Spaniens Flughäfen indessen auf das Transportministerium, das den Arbeitsablauf im Tower neu organisiert habe und mit kurzfristig geänderten Schichtplänen für zusätzlichen Stress gesorgt hätte. Jetzt rächt sich auch, dass in den letzten Jahren nicht genügend neue Lotsen ausgebildet wurden.
Auch die Reiseveranstalter und Hoteliers sind allmählich beunruhigt. In den drei Sommermonaten kommen vierzehn Millionen Touristen nach Spanien, die will man wegen ein paar streikender Fluglotsen nicht vergraulen. Schließlich stehen Einnahmen in Höhe von 15 Milliarden Euro auf dem Spiel. Blanco jedenfalls hat schon eine Lösung parat. Er will den Lotsendienst am liebsten dem Militär überlassen. Die können nicht streiken und verdienen im Jahr nur 20.000 Euro.