Die Monopolkommission hat in einem Gutachten mehr Wettbewerb bei Apotheken, Krankenkassen und in der Wasserbranche gefordert.

Die Monopolkommission fordert die Bundesregierung auf, für mehr Wettbewerb auch in Wirtschafszweigen zu sorgen, die davon bislang größtenteils ausgenommen sind. Konkret nennt die Kommission in ihrem 18. Hauptgutachten für Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) die Apotheken, die gesetzliche Krankenversicherung und die Wasserwirtschaft. Kritik äußern die Wettbewerbshüter in ihrem Gutachten unter dem Titel „Mehr Wettbewerb, wenig Ausnahmen“ auch an Branchenmindestlöhnen – und an Spartengewerkschaften. Die wichtigsten Punkte des Gutachtens:

Gesundheit

Patienten sollen mit einem Eigenanteil an ihren Behandlungskosten beteiligt werden. Das Gesundheitssystem solle „um ein Element einer zwingenden Beteiligung von Patienten an den von ihnen verursachten Kosten“ ergänzt werden, sagte der Kommissionsvorsitzende Justus Haucap. Patienten entschieden sich bislang unabhängig von Kostenerwägungen für bestimmte Behandlungen. Eine allgemein verpflichtende Eigenbeteiligung könne dazu beitragen, die Kostenexplosion im Gesundheitswesen in den Griff zu bekommen. So könnten Patienten etwa einen Teil der Arztrechnung übernehmen. Auch hier müsse aber das Solidarprinzip gelten, das Gutverdiener stärker belastet als sozial Schwache.

Die Kommission begrüßte die Einführung einkommensunabhängiger Beiträge in der Krankenversicherung, wie sie jetzt Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) plant. Dies müsse aber mit einem Sozialausgleich verbunden werden. Zunächst sollte daher der heutige Zusatzbeitrag weiterentwickelt werden, um den Wettbewerb anzukurbeln. Im Gegenzug solle der Beitragssatz der Arbeitnehmer um 0,9 Prozent sinken. Außerdem plädieren die Experten dafür, die Abrechnung der Leistungen von den Kassenärztlichen Vereinigungen auf die Krankenkassen zu verlagern. Die Kassen sollen zudem das Recht erhalten, die Patienten über die Rechnungen zu informieren.

Apotheken

Den Apothekern will die Monopolkommission einen „sanften Preiswettbewerb“ verordnen. So sollen die Zuzahlung der Patienten und die Pauschale von 8,10 Euro entfallen, die der Apotheker heute für jede verkaufte Packung erhält. Dafür sollen die Apotheken selbst bestimmen, was sie für ihre Dienstleistung berechnen. Der Patient könne sich sein Medikament nicht aussuchen, aber seine Apotheke sehr wohl, erklärte Haucap. Durch diese Neuordnung könne ein „wirksamer Preiswettbewerb zwischen Apotheken“ entfacht werden. Zudem fordert die Monopolkommission, Apothekenketten zuzulassen. Auch dies erhöhe den Wettbewerb zugunsten der Patienten. Bislang darf ein Apotheker maximal vier Filialen betreiben.

Wasserversorgung

Angesichts der großen Kostenunterschiede für Trinkwasser in Deutschland tritt die Kommission für eine Regulierung des Wassermarktes ein. Das Nebeneinander aus privatrechtlicher Festsetzung von Wasserpreisen einerseits und öffentlich-rechtlicher Gebührenfestlegung andererseits sei ein ernst zu nehmendes Problem und führe zu einer Ungleichbehandlung, kritisierte Haucap. Aus Sicht der Monopolkommission sollte bei der Einführung eines einheitlichen Regulierungsrahmens für die Trinkwasserversorger die Bundesnetzagentur für die Branche zuständig werden.

Mindestlöhne

Die zunehmende staatliche Festsetzung von Mindestlöhnen gefährdet nach Ansicht des Beratergremiums den Wettbewerb. „Mit Sorge sehen wir den immer stärker werdenden politischen Einfluss auf die Lohnfestlegung“, sagte Haucap. Das untergrabe nicht nur die Tarifautonomie von Gewerkschaften und Arbeitgebern, sondern gefährde auch den Wettbewerb. Die Monopolkommission kritisierte, dass erfolgreiche Unternehmen ihre hohen Tarifabschlüsse für die gesamte Branche als allgemeinverbindlich erklären lassen können. Dies behindere die weniger produktive Konkurrenz wie etwa Neueinsteiger, sagte Haucap. Deshalb sollten Tarifverträge nur noch in Ausnahmefällen auf die gesamte Branche übertragen werden dürften. „Auf jeden Falle sollte eine Untersuchung absehbarer wettbewerblicher Folgen stattfinden“, sagte Haucap. Das Kartellamt solle deshalb im Gesetzgebungsverfahren gehört werden.

Spartengewerkschaften

Problematisch sieht die Monopolkommission auch das Aufkommen von Spartengewerkschaften wie etwa den Marburger Bund für die Klinikärzte oder die Gewerkschaft der Lokführer bei der Bahn. Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, den Grundsatz der Tarifeinheit – „Ein Betrieb, ein Tarifvertrag“ – aufzugeben, empfiehlt die Kommission dem Gesetzgeber eine „Einhegung der Tarifpluralität“.

Zu befürchten seien sonst Überbietungswettbewerbe verschiedener Gewerkschaften in einem Unternehmen und eine Zunahme der Streiks. Als mögliche Gegenmaßnahmen listen die Wettbewerbshüter ein zwingend vorzuschaltendes Schlichtungsverfahren, zeitlich synchronisierte Tarifverhandlungen sowie Kooperationspflichten für die konkurrierenden Gewerkschaften auf. Eine Möglichkeit sei auch eine Missbrauchsaufsicht, die bei „grob unverhältnismäßigen Streikforderungen und Tarifabschlüssen“ eingreift.

Quelle: Welt Online