Hohe Gebühren verteuern die Lebensmittel bei Amazon. Kaffee, Schokolade und Co. kosten deutlich mehr als im Supermarkt.

Amazon, der wohl bekannteste Online-Shop, hat jetzt neben Büchern, Musik, Elektronik, Kleidung und Kinderspielzeug auch Essbares in den Regalen stehen. WELT ONLINE hat eine Stichprobe gemacht und das Lebensmittelangebot des Online-Riesen mit dem Angebot im Supermarkt um die Ecke verglichen. Das Ergebnis: Die Auswahl kann sich zwar mit Einschränkungen sehen lassen, die Preise aber kaum.

Verpackung und Versand lassen die Kosten für den Einkauf noch mal enorm in die Höhe schnellen, bei der Stichprobe schlug Amazon mehr als 100 Prozent auf. Während der Preis für elf Artikel bei 36,28 Euro lag, kosteten Verpackung und Versand noch mal 43,55 Euro. Macht einen Gesamtbestellwert von 79,83 Euro. Das liegt daran, dass Amazon zwar ab 20 Euro Bestellwert kostenlos liefert, aber da die Waren von verschiedenen Lieferanten kommen, können gleich mehrmals Verpackung und Versand fällig werden.

Stichprobe: Alle Produkte teurer als im Supermarkt

Mit seinem Angebot, bundesweit frische Lebensmittel zu liefern, steht Amazon in Deutschland noch recht allein auf weiter Flur. Regionale Anbieter, gibt es bereits einige – die Lieferung, auch von Obst, Gemüse, Milch oder Käse, beschränkt sich aber jeweils auf ein Gebiet. Und auch für den Online-Shop der Tengelmann-Tochter gibt es lokale Beschränkungen: Nur wer innerhalb Berlins oder Münchens wohnt, kommt in den Genuss.

Fast 35.000 Produkte bietet Amazon an, die Kunden sonst im Supermarkt oder in der Drogerie finden – von Make-up und Duschgel über Obst und Gemüse bis hin zu Fisch und Fleisch. Mit einem Klick wandern sie in bekannter Manier in den virtuellen Warenkorb. Weitgehend stammen sie von Partnerunternehmen – geliefert und abgerechnet wird aber über den schon für Bücher und CDs bekannten Amazon-Service.

Zusammengefasst lässt sich sagen: Alle in der Stichprobe erfassten Produkte waren bei Amazon teurer als im Supermarkt. Für ein Pfund Jacobs Kaffe Krönung etwa verlangt Rewe 2,99 Euro. Bei Amazon schlägt das Pfund mit 4,99 Euro zu Buche. Immerhin noch 20 Cent weniger als beim Online-Shop von Kaiser’s. Nur ein Pfund kann der Kunde bei Amazon gar nicht bestellen. Im Angebot ist nur das Kilo für 9,99 Euro. Und obendrauf kommen noch Versandkosten. Rund das Doppelte bezahlen Kunden für Duschgel von DuschDas: 1,49 Euro im Rewe-Supermarkt im Vergleich zu 2,95 Euro beim Online-Buchhändler (Kaiser’s: 1,79 Euro).

Und während eine 400 Milliliter-Dose der klassischen blauen Nivea Creme genauso wie eine Packung Kölln Schoko Müsli beim stationären Händler je 2,49 Euro kosten, möchte Amazon für die Frühstücksflocken 3,82 Euro haben und für die Gesichtspflege gar 6,60, zuzüglich Versand.

400 Milliliter Nivea, ein Kilogramm Kaffee: Auch bei einigen anderen Produkten hat der Kunde bei Amazon nicht die Wahl, kleinere Mengen zu bestellen. Wer zum Beispiel nur eine Tafel Milka-Alpenmilch-Schokolade haben möchte, der hat keine Chance. Es gibt nur das Fünferpack. Dabei ist der Preis für eine Tafel mit 90 Cent nur ein Cent teurer als derzeit bei Rewe. Zumindest, wenn man die 4,95 Euro Verpackung und Versand nicht mit berechnet.

Versandtermine variieren zwischen den Anbietern

Zwei Problemkreise gilt es für die Anbieter vor allem zu lösen: Die Logistik muss eine Meisterleistung vollbringen, damit frische Produkte auch noch frisch beim Kunden ankommen. Und dazu müssen die Kosten möglichst niedrig gehalten werden, im ohnehin nur geringe Margen abwerfenden Lebensmitteleinzelhandel. Damit Essbares so frisch wie aus dem Supermarkt beim Kunden ankommt, schlägt Amazon schon bei der Bestellung einen Liefertermin vor. Das klingt erst mal gut, hat aber einen Haken: Bestellt der Kunde Produkte von verschiedenen Anbietern, variieren auch die Versandtermine deutlich.

Während bei unserer Stichprobe der Kaffee für das Frühstück voraussichtlich dienstags ankommen sollte, galt für das bestellte Müsli, Mittwoch bis Donnerstag als voraussichtliches Versanddatum. Der Orangensaft immerhin könnte bereits heute ankommen. Bei verderblichen Lebensmitteln bekommen Kunden zusätzlich eine Mail mit einem konkreten Terminvorschlag von Amazon und dem Partnerunternehmen, von dem die Waren stammen. Dann muss man nur noch zuhause sein, um die Bio-Bananen für 2,50 Euro das Kilo statt 1,99 Euro entgegen zu nehmen.

Delikatessen sollen für Gewinn sorgen

Damit sich der Einkauf für Amazon lohnt, schlägt der Online-Händler nicht nur ordentlich bei Preisen und Versandkosten drauf, sondern bietet außerdem viele Delikatessen und hochpreisige Produkte an: Hier lassen sich für ihn höhere Gewinnmargen erzielen. Die Online-Regale mit Standardprodukten weisen hingegen einige Lücken auf.

Trotzdem: Konsumforscher sehen, auch mit Blick auf andere Länder wie die Schweiz oder Großbritannien, Potenzial im Online-Handel mit Lebensmitteln. Bei der guten Nahversorgung in deutschen Städten und den Problemen mit dem Versand von verderblichen Lebensmitteln, dürfte aber die Zielgruppe in Deutschland überschaubar bleiben.

Lohnen kann es sich, im Online-Supermarkt von Amazon vorbei zu schauen, wenn Kunden spezielle Produkte suchen. Und möglichst nicht nur einen Artikel pro Anbieter bestellen wollen, denn dann bleiben die Versandkosten vergleichsweise niedrig. Auch wenn sie es in die Regale des Online-Buchhändlers geschafft haben – es bedarf noch einiger Anstrengung, dass Kartoffeln, Bananen oder Zitronen auch in den Amazon-Bestsellerlisten neben Henning Mankell oder Eckart von Hirschhausen zu finden sein werden.

Quelle: Welt Online