Bei Sparern und Privatanlegern sind die Finanzmarktprofis unten durch. Doch wie sieht eigentlich die Finanzbranche selbst die Lage? Dieser Frage geht eine Umfrage unter 2700 Investment-Profis aus 80 Ländern nach. Besonders kritisch wird die Beratung von Privatanlegern beäugt.

Unter Sparern und Privatanlegern ist das Ansehen der Finanzmärkte und der Finanzakteure derzeit auf einem Tiefpunkt angekommen. Doch wie sieht eigentlich die Finanzbranche selbst die Lage? Dieser Frage geht eine aktuelle Umfrage unter 2700 Investment-Profis aus 80 Ländern nach. Das CFA-Institut, der internationale Berufsverband der Finanzanalysten und Anlageexperten, befragte seine Mitglieder, für wie integer sie die Finanzmärkte in verschiedenen Ländern halten, wie effektiv ihrer Ansicht nach die jeweilige Regulierung ist und wie es um den Anlegerschutz steht.

Gefragt wurde nach Einschätzungen zu den Finanzmärkten in Deutschland, den USA, Kanada, Großbritannien, Japan und Hongkong. Aus den Antworten auf die verschiedenen Fragen hat das CFA-Institut dann den sogenannten Finanzmarkt-Integritätsindex errechnet. Dabei kommt Deutschland insgesamt auf einen Wert von 3,2 Punkten (Bestnote: 5) und erreicht damit einen Platz im Mittelfeld. Besser schneiden nur Japan und Hongkong (beide 3,3) ab, Kanada liegt gleichauf, die USA (3,0) und Großbritannien (3,1) liegen sogar hinter Deutschland.

Dieses zufriedenstellende Gesamtergebnis wird jedoch getrübt durch teilweise heftige Kritik an einzelnen Bereichen. So sind gerade mal 17 Prozent der Befragten der Meinung, dass die Aufsichtsräte in den deutschen Aktiengesellschaften wirklich unabhängig vom Vorstand agieren. Diese schallende Ohrfeige wird noch verstärkt durch die Einschätzung, dass diese Gruppe überhaupt nicht genug Fachwissen habe, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden.

Das finden 37 Prozent der deutschen und immerhin 22 Prozent der ausländischen Studienteilnehmer (wobei von letzteren 32 Prozent hierzu keine Meinung hatten). Gleichzeitig gaben die Befragten zu diesem Themenfeld mehr individuelle Kommentare ab als zu jedem anderen Bereich. Darin drückten die meisten ihre Besorgnis über die ausgeprägten Netzwerke unter deutschen Managern aus und die Interessenkonflikte, die sich daraus ergeben.

Ein weiteres Feld, das kritisch gesehen wird, ist die Beratung von Privatanlegern durch Finanzberater. Sie erreichen mit 2,7 Punkten den zweitschlechtesten Wert in Bezug auf ihre Integrität, schlechter schneiden nur noch Hedgefonds-Manager ab (2,5). Auf wesentlich bessere Werte kommen dagegen beispielsweise Pensionsfondsmanager (3,8) oder Publikumsfondsmanager (3,7).

Auch bei den Finanzberatern wurde vor allem die Interessenverquickung durch das Provisionssystem kritisiert. "Berater müssen hier künftig näher am Kunden sein und darauf achten, dass diese nur in Finanzprodukte anlegen, die ihren Bedürfnissen entsprechen", sagt Iris Uhlmann, Vorstandsmitglied der deutschen CFA-Gesellschaft.

Trotz dieser Kritik empfehlen 57 Prozent der Studienteilnehmer im Hinblick auf die Integrität des Finanzmarktes ein Investment in Deutschland, unter den deutschen Befragten sind es sogar 84 Prozent. Dies ist der beste Wert unter allen in der Studie erfassten Ländern.

Selbst von den US-Amerikanern würden nur 68 Prozent eine Anlage im eigenen Land empfehlen, auf den gleichen Wert kommt die Umfrage in Großbritannien, Japan (62 Prozent) kommt sogar noch schlechter weg, nur Hongkong (77 Prozent) und Kanada (82 Prozent) nehmen es in dieser Hinsicht mit Deutschland auf. Wenigstens bei der Treue seiner eigenen Akteure ist der deutsche Finanzplatz Spitze.

Quelle: Welt Online