Harter Arbeitskampf: In Süddeutschland haben rund 15.000 Ärzte der kommunalen Kliniken die Arbeit niedergelegt – sie fordern fünf Prozent mehr Gehalt und bessere Arbeitsbedingungen. Doch das stößt selbst bei anderen Gewerkschaften auf Widerspruch. Ver.di fürchtet um den Betriebsfrieden an Krankenhäusern.
An den kommunalen Kliniken in Deutschland hat am Montag ein unbefristeter Ärztestreik begonnen. Rund 15.000 Mediziner an 200 Krankenhäusern beteiligten sich am Auftakt des Arbeitskampfes, wie die Ärztegewerkschaft Marburger Bund mitteilte. An einer Demonstration in München nahmen laut Polizei 1600 Ärzte teil.
In ihrem Kampf für bessere Arbeitsbedingungen für Klinikärzte verweist die Gewerkschaft auch auf den Ärztemangel. Verbandschef Rudolf Henke beklagte in München, die Arbeitgeber sähen nicht, in „welch prekärer Lage“ die kommunalen Kliniken seien. Derzeit blieben 5000 Ärztestellen unbesetzt. Der Bedarf an Ärzten wird nach Meinung von Henke bis 2020 um rund acht Prozent zunehmen. Die Arbeitgeber nähmen „schwere Versorgungsengpässe in Kauf“, wenn sie diese Stellen nicht besetzten. Derzeit werde die Arbeit nur mit einer „permanenten Überlastung der Ärzte“ bewältigt.
Schwerpunkt des Streiks, der voraussichtlich die ganze Woche andauern wird, waren zunächst Bayern und Baden-Württemberg. In den betroffenen Kliniken blieb die Versorgung von Notfällen wie an Wochenenden oder an Feiertagen gesichert; zu Verzögerungen kam es bei planbaren Operationen. Die Gewerkschaft empfahl Patienten, benachbarte Krankenhäuser in anderer Trägerschaft aufzusuchen, etwa kirchliche, private oder universitäre Kliniken.
Der Marburger Bund will fünf Prozent mehr Gehalt für die rund 55.000 Ärzte an den bundesweit rund 800 kommunalen Kliniken. Zudem sollen Bereitschaftsdienste, vor allem in der Nacht, an Wochenenden und Feiertagen besser bezahlt werden. Der Vorsitzende des Bundesstreikkomitees, Armin Ehl, verteidigte die Forderung als sehr moderat. Bei großen privaten Klinikbetreibern oder im kirchlichen Bereich würden zum Teil wesentlich höhere Tarife gezahlt, sagte Ehl im MDR.
Das Angebot der Arbeitgeber von zuletzt 2,9 Prozent mehr Einkommen mit einer Laufzeit über 33 Monate hatte der Marburger Bund als völlig unzureichend abgelehnt. Die Gewerkschaft Ver.di warnte unterdessen vor den Folgen eines zu hohen Tarifabschlusses für die Ärzte. Das könnte den Betriebsfrieden zwischen den Ärzten und den deutlich schlechter bezahlten Pflegern und Assistenten gefährden. Für diese Berufsgruppen hatte Ver.di erst im März einen Tarifabschluss über 2,3 Prozent mehr Lohn und Gehalt bis 2012 erzielt.
Der Deutsche Städtetag rief die Gewerkschaft zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. Dies sei „für alle gut, für die Patienten, die Beschäftigten und die kommunalen Krankenhäuser“, erklärte Stephan Articus, Hauptgeschäftsführer des Verbands. Laut Articus sind Preise für Krankenhausleistungen fest vorgegeben und können nicht einfach angehoben werden, um höhere Personalkosten auszugleichen. Tariferhöhungen für Ärzte dürften zudem „nicht dadurch erkauft werden, dass an anderer Stelle, wie der Pflege für die Patienten, noch mehr gespart werden muss“.
Nach Ansicht von Experten könnte die von den Ärzten geforderte Tariferhöhung sogar die Existenz einiger kommunaler Krankenhäuser gefährden. „Krankenhäuser, die jetzt noch schwarze Zahlen schreiben, könnten in die roten Zahlen rutschen“, warnte Gesundheitsökonom Stefan Greß. Mitunter steige der Druck, kommunale Kliniken an private Investoren zu verkaufen, sagte der Professor aus Fulda.