Großstädte bieten viele Vorteile: hohe Lebensqualität, einen flexiblen Arbeitsmarkt und attraktive Verkehrsmittel. Deshalb ziehen einer Studie zu Folge viele junge Leute in die Metropolen. Dies hat Folgen für die Entwicklung der Mieten und der Preise. Anlageberater empfehlen den Kauf von Mietshäusern.

Aktien oder Anleihen? Christian Wittke winkt ab. Der Anlageexperte der Berenberg Bank rät seinen Kunden Mietshäuser in Großstädten zu erwerben. "Damit lassen sich kontinuierliche Renditen erzielen, ohne dass einem das Auf und Ab der Kapitalmärkte den Schlaf raubt." Er glaubt an eine stabile Preisentwicklung in den Städten.

Eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW) gibt ihm recht, jedenfalls was die Nachfrageseite angeht. Demzufolge ziehen immer mehr Menschen in die Großstädte und treiben damit die Nachfrage nach Wohnraum und die Mietpreise. "Die Stadtbevölkerung wächst gegen den Trend", sagt DIW-Experte Martin Gornig.

Zwar schrumpft seit 2005 die Zahl der Einwohner im Land insgesamt. Lebten vor fünf Jahren noch 82,4 Millionen Menschen in der Bundesrepublik, sind es nun nur noch knapp 82 Millionen. Gleichzeitig ziehen aber immer mehr Menschen aus ländlichen Regionen in die Großstädte, sodass deren Einwohnerzahlen in den vergangenen zehn Jahren zugelegt haben.

Spitzenreiter ist München. 1,33 Millionen Menschen lebten zu Beginn des vergangenen Jahres in der bayerischen Landeshauptstadt. 132.581 mehr als 1999 und damit ein Plus von 11,1 Prozent. Auf Rang zwei liegt Dresden. Die Sachsen-Metropole wuchs im selben Zeitraum um 7,5 Prozent auf 512.000 Einwohner. Leipzig legte um 5,3 Prozent auf 515.000 Menschen zu, Hamburg um vier Prozent. In der Bankenmetropole Frankfurt, in Köln, Nürnberg und Stuttgart betrug das Plus bis zu 3,4 Prozent.

Die Ursache des Trends sieht DIW-Experte Gornig in den Veränderungen am Arbeitsmarkt: "Wir haben nicht mehr die stabilen Verhältnisse, in denen ein Unternehmen einem Bewerber für die nächsten 20 Jahre eine Beschäftigung bietet." Um sich abzusichern, würden die Menschen dorthin ziehen, wo sie bei einem Jobverlust schnell einen neuen Arbeitsplatz finden. Gornig: "Das sind im Regelfall die großen Städte." Hier lassen sich auch private und berufliche Netzwerke leichter pflegen.

Neben der größeren Verlässlichkeit, einen Job zu finden, bieten die Städte auch hohe Lebensqualität. Der öffentliche Nahverkehr steht trotz aller Sparsamkeit auf der Prioritätenliste weit oben. Emissionen sind zurückgegangen. Und dort, wo intelligente Stadtplaner am Werk waren, sind behagliche, vielseitige neue Räume entstanden.

Mieten ziehen an

Dort treibt die steigende Nachfrage nun die Mieten in die Höhe. "In Städten mit über 100 000 Einwohnern sind die Nettokaltmieten 2009 im Schnitt um 1,9 Prozent gestiegen", zitiert Jens-Ulrich Kießling, Präsident des Immobilienverbands Deutschland (IVD), aus der jüngsten Statistik der Maklervereinigung. In vielen kleinen Städten hingegen blieben Mieten stabil oder sanken sogar leicht.

Der Mieterbund fordert bereits ein massives, staatlich subventioniertes Neubauprogramm, um eine neue Wohnungsnot abzuwenden. Doch Experten halten diese Sorge für weit übertrieben. "Insgesamt ist das Wohnungsangebot bundesweit völlig ausreichend", sagt Matthias Fieseler, Geschäftsführer des Vermietungsvertriebs Wohnwerk. Das zeigen Studien des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR).

Nach dessen Berechnungen müssten pro Jahr im Schnitt rund 183.000 neue Wohnungen entstehen, um den Bedarf zu decken. Tatsächlich wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamts jedoch von 2006 bis 2009 pro Jahr im Schnitt sogar 203.000 neue Wohnungen fertiggestellt.

Das Problem: "Bauträger haben vor allem Neubauten im höheren Preissegment geschaffen", sagt Berenberg-Bank-Experte Wittke. In die Städte ziehen aber junge Menschen, die am Anfang ihres Berufslebens stehen und sich teure Wohnungen nicht leisten können. "Die Bevölkerungsgruppe der 18- bis 30-Jährigen verzeichnet seit 1999 in den Großstädten mit über zwölf Prozent den höchsten Zuwachs", sagt DIW-Forscher Gornig.

Günter Vornholz, Immobilienanalyst der NordLB-Tochter Deutsche Hypo, warnt dennoch davor, in Mietshäuser und Eigentumswohnungen im untersten Preissegment zu investieren: "Der gegenwärtige Trend wird nicht von Dauer sein." Wegen der seit den 60er-Jahren rückläufigen Geburtenraten werde die Zahl junger Mieter mit geringem Einkommen zurückgehen.

Anlageberater Wittke rät zum mittleren Mietpreissegment: "Wohnungen in dieser Kategorie bieten die breiteste Vermarktungsmöglichkeit, da sie sowohl Durchschnitts- als auch Besserverdienende ansprechen." Zudem sollten die Wohnungen auch für ältere Menschen geeignet sein, da deren Anteil an der Gesamtbevölkerung steige, sagt Tobias Just, Immobilienanalyst bei Deutsche Bank Research. "Diese Objekte lassen sich an alle Altersgruppen vermieten."

Quelle: Welt Online