Kapitaleinkünfte müssen versteuert werden, das war immer kompliziert. Die Regierung versprach, mit der Einführung der Abgeltungsteuer würde vieles einfacher. Das ist es aber nicht unbedingt geworden. Wer nicht unnötig viel Steuern zahlen möchte, sollte gewissenhaft die Anlage KAP ausfüllen.

Eigentlich sollte alles einfacher werden. Zumindest hatte die Regierung die Abgeltungsteuer mit den Worten angepriesen, dass diese zu einer "drastischen Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens von Kapitaleinkünften" und zu einer "erheblichen Entlastung" führe. Die Neuregelung sollte Anlegern das lästige Ausfüllen der "Anlagen KAP" und "SO" ersparen. Doch leider kann von einer Erleichterung für Steuerzahler nicht die Rede sein. Viele Anleger müssen nach wie vor die Bögen ausfüllen (Pflichtveranlagung). Und etliche Steuerzahler sollten auf das Ausfüllen auf keinen Fall verzichten, wenn sie dem Fiskus kein Geld schenken wollen (Wahlveranlagung).

Abgeltungsteuer

Seit 2009 behalten die Kreditinstitute 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer von den Kapitalerträgen der Kunden ein. Die Spekulationsfrist wurde abgeschafft. Anleger müssen nun immer das Finanzamt an den Gewinnen aus Aktien oder Fonds beteiligen - unabhängig davon, wann die Papiere wieder verkauft werden. Auch haben die Finanzbeamten das Halbeinkünfteverfahren bei Dividenden und bei Gewinnen aus Aktien innerhalb der Spekulationsfrist abgeschafft. Diese werden nun voll besteuert.

Aus dem Sparerfreibetrag ist der Sparerpauschbetrag geworden. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass dieser ab sofort nicht nur für Zinsen und Dividenden, sondern auch für andere Kapitalerträge gilt. "Daher sind die 801 Euro für Alleinstehende deutlich schneller ausgeschöpft", sagt Martin Liepert, Steuerberater bei Ecovis in München.

Auch entfällt für Steuerzahler die Möglichkeit, Werbungskosten wie beispielsweise Fahrten zu Hauptversammlungen dem Finanzamt in Rechnung zu stellen. Ab sofort können Anleger nur noch die Bankspesen beim An- und Verkauf von Wertpapieren mit dem Gewinn aus der Kapitalanlage verrechnen.

Lediglich für Papiere, die Anleger vor 2009 erworben haben, gilt die Spekulationsfrist von einem Jahr. Sparer müssen - sofern sie diese Papiere innerhalb der Spekulationsfrist verkauft und einen Gewinn von mehr als 600 Euro erzielt haben - die "Anlage SO" ausfüllen. Gleiches gilt, wenn Anleger Immobilien innerhalb der Spekulationsfrist von zehn Jahren mit Gewinn verkaufen. Der 600 Euro überschreitende Betrag wird mit dem persönlichen Steuersatz versteuert. Die "Anlage SO" sollten Anleger auch ausfüllen, wenn sie Verluste, die sie innerhalb der Spekulationsfrist realisiert haben, mit dem Finanzamt verrechnen wollen.

Pflichtveranlagung

In einigen Fällen sind Steuerzahler verpflichtet, zumindest einige Zeilen der "Anlage KAP" auszufüllen. Etwa dann, wenn sie Kapitalerträge (beispielsweise aus ausländischen Papieren) erhalten haben, für die das Kreditinstitut keine Steuer einbehalten hat. Diese Erträge müssen sie in die Zeilen 15 bis 21 der "Anlage KAP" eintragen.

Aber auch wenn Steuerzahler in der Steuererklärung Vergünstigungen in Anspruch nehmen wollen, deren Höhe sich nach dem zu versteuernden Einkommen richtet, müssen sie die "Anlage KAP" ausfüllen. Davon betroffen sind beispielsweise Steuerzahler, die außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art, also Ausgaben für Krankheiten oder Kuren in der Steuererklärung verrechnen wollen. "Von Vereinfachung kann in diesen Fällen keine Rede sein", sagt Peter Kauth von Steuerrat24.de.

Anleger kommen auch nicht umhin, ihre Kapitalerträge in der Steuererklärung anzugeben, wenn die Banken keine Kirchensteuer einbehalten haben. Kirchensteuerpflichtige Anleger müssen in Zeile 6 eine "1" und in die Zeilen 49 und 50 einbehaltene Abgeltungsteuer und Solidaritätszuschlag eintragen.

Auch Anleger, die im Ausland Zinsen erhalten haben, bei denen die EU-Zinssteuer einbehalten wurde, sind verpflichtet, diese in der Steuererklärung anzugeben. Die EU-Zinssteuer beträgt derzeit 20 Prozent. Ab dem 1. Juli 2011 wird die Steuer auf 35 Prozent angehoben. "Daher kommt es für die betroffenen Steuerzahler für 2009 zu einer Nachbelastung von fünf Prozent und ab 2011 zu einer Erstattung von zehn Prozent", sagt Kauth.

Anleger, die Erträge aus Auslandsfonds erhalten, die die Ausschüttungen immer wieder neu anlegen (so genannte thesaurierende Fonds) sind verpflichtet, diese in der Steuererklärung anzugeben. Dies ist selbst dann Pflicht, wenn der Fonds in einem Depot bei einem deutschen Kreditinstitut aufbewahrt wird, da von den thesaurierenden Erträgen keine Kapitalertragsteuer einbehalten wird.

Steuerzahler, die Gewinne aus einer Lebensversicherung erhalten haben, müssen diese in der Steuererklärung angeben. Sofern der Anleger die Police mindestens zwölf Jahre lang gehalten hat und sich die Police erst nach dem 60. Lebensjahr auszahlen lässt, muss er die Erträge nur zur Hälfte mit dem individuellen Steuersatz versteuern. Das Versicherungsunternehmen ermittelt bei der Auszahlung jedoch die Differenz zwischen den Einzahlungen in den Vertrag und der Auszahlung.

Vom Differenzbetrag behält der Versicherer dann 25 Prozent Kapitalertragsteuer ein. Steuerzahler müssen daher die Hälfte des Unterschiedsbetrags in der Steuererklärung angeben. Dieser wird dann mit dem individuellen Steuersatz versteuert, die abgeführte Kapitalertragsteuer auf die Steuerschuld angerechnet. "Daher beträgt die Steuer selbst bei höchstem Steuersatz nur 21 Prozent des Unterschiedsbetrages", rechnet Kauth vor.

Wahlveranlagung

Es kann sich aber auch lohnen, die "Anlage KAP" freiwillig auszufüllen. Etwa dann, wenn die Bank Abgeltungsteuer einbehalten hat, weil kein oder kein ausreichend hoher Freistellungsauftrag gestellt wurde. Anleger können sich das Geld dann über die Steuererklärung zurückholen. Dazu müssen Sie die Kapitalerträge in die Zeilen 7 bis 13 eintragen und in Zeile 14 den Sparerpauschbetrag angeben, der für diese Erträge bereits beansprucht wurde.

Auch Steuerzahler, die 2009 besonders großzügig waren und viel Geld gespendet haben, sollten sich etwas Zeit nehmen und zumindest einige Angaben in der "Anlage KAP" machen. Denn pro Jahr akzeptieren die Finanzbeamten Spenden bis zur Höhe von 20 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte als Sonderausgaben. Und wer in der "Anlage KAP" die Zeilen 7, 15, 33 und 40 ausfüllt, kann so einfach seine Einkünfte und damit auch den absetzbaren Betrag erhöhen.

Das Ausfüllen des Bogens lohnt sich auch, wenn die Bank beim Übertragen von Kapital bei einer Schenkung irrtümlicherweise Abgeltungsteuer einbehalten hat. Um die Steuer zurückzubekommen müssen Steuerzahler in Zeile 5 eine "1" eintragen, die Zeilen 7 bis 14 ausfüllen und die Steuerbescheinigung der Bank beilegen.

Auch für Steuerzahler, die über geringe Einkünfte verfügen, kann sich das Ausfüllen lohnen. Alleinstehende, deren zu versteuerndes Einkommen unter 15.500 Euro (Verheiratete 31.000 Euro) liegt, müssen dieses mit einem Steuersatz von unter 25 Prozent versteuern. Betroffene Anleger sollten in Zeile 4 die Ziffer "1" eintragen. Die Finanzbeamten prüfen dann, ob es für den Steuerzahler günstiger ist, die Kapitalerträge mit der Abgeltungsteuer oder dem persönlichen Steuersatz zu versteuern. Die zu viel gezahlte Abgeltungsteuer erhalten sie dann zurück.

Ruheständler, die das 64. Lebensjahr vollendet haben und über hohe Kapitalerträge verfügen, sollten diese unbedingt in der Steuererklärung auflisten. Denn die Finanzbeamten schreiben Ruheständlern, die über sonstige Einkünfte wie Miete, Kapitalerträge oder Lohn verfügen, einen so genannten Altersentlastungsbetrag gut. Wer im vergangenen Jahr seinen 64. Geburtstag feierte, erhält ab 2010 einen Entlastungsbetrag von 32 Prozent, maximal 1520 Euro.

Für diejenigen, die den 64. in diesem Jahr feiern, gibt es ab 2011 einen Altersentlastungsbetrag von 30,4 Prozent, maximal 1444 Euro. Diesen Altersentlastungsbetrag schreiben die Finanzbeamten dann zeitlebens fest. Doch damit die Beamten diesen Betrag tatsächlich auch steuermindernd anrechnen, kommen Ruheständler nicht umhin, ihre Kapitalerträge in der Steuerklärung anzugeben. Ist der Altersentlastungsbetrag bereits durch Mieteinnahmen oder Lohn ausgeschöpft, können sich Rentner das Ausfüllen natürlich auch sparen.

Anleger, die alte Spekulationsverluste mit dem Finanzamt verrechnen wollen, sollten die "Anlage KAP" ausfüllen. Denn dann können die Beamten die Verluste bis 2013 mit Veräußerungen aus Kapitalanlagen verrechnen.

Anleger, die bei einem Kreditinstitut einen Verlust und bei einem anderen einen Gewinn gemacht haben, können sich bis zum 15. Dezember eine Verlustbescheinigung ausstellen lassen. Mit Hilfe dieser Bescheinigung können Steuerzahler dann den Verlust in der Steuererklärung verrechnen.

Steuerzahler, die negative Einkünfte und positive Kapitaleinkünften haben, sollten Zinsen und Kursgewinne in der Steuererklärung angeben. Denn die positiven Kapitaleinkünfte verrechnen die Finanzbeamten dann mit den negativen Einkünften. Es kann jedoch auch sinnvoll sein, die negativen Einkünfte als Verlust in das Vorjahr zurückzutragen oder für das Folgejahr aufzusparen.

Quelle: Welt Online