Ob Bestechung, Steuerhinterziehung oder Geldwäsche – die organisierte Kriminalität setzt auf den 500-Euro-Schein. Denn der lässt sich gut transportieren. Eine Million Euro wiegen dank ihm nur rund zwei Kilo. Zum Vergleich: Eine Million US-Dollar bringen es auf zehn Kilo. Kritiker wollen den Schein deswegen am liebsten abschaffen.
So ein 500-Euro-Schein ist schon eine praktische Sache. Die 160 mal 82 Millimeter große Banknote mit ihrer majestätischen Lilafärbung lässt sich auch in größeren Mengen diskret transportieren. Bankfrisch gebündelt findet ein zweistelliger Millionenbetrag in einem genormten Kleinsafe von 45 Zentimetern Höhe problemlos Platz. Darauf verwies nun die italienische Notenbank in einer internen Studie, die Bloomberg vorliegt.
Banknoten mit einem derart hohen Nominalwert fördern demnach die Geldwäsche in der organisierten Kriminalität und erleichtern Terroristen ebenso wie Steuerhinterziehern und Drogenhändlern das Geschäft. Eine Million US-Dollar in US-Banknoten wiegen etwa zehn Kilogramm, während der gleiche Betrag in 500-Euro-Scheinen kaum auf zwei Kilo kommt und nötigenfalls auch versteckt unter der Kleidung getragen werden kann.
„Bargeld ist das ideale Medium für die illegale Zahlungsabwicklung und den Transport größerer Beträge“, hieß es von der Kriminalabteilung der Banca d’Italia. Die große Stückelung der 500-Euro-Note erleichtere die Logistik gerade bei besonders hohen Summen. Daher sei eine starke Verbreitung dieser Banknoten problematisch bei der Verfolgung von Steuerhinterziehung und der Terrorbekämpfung. Die Bank of Canada hatte ihre 1000-Dollar-Note bereits vor zehn Jahren abgeschafft und den Schritt mit dem Kampf gegen die Geldwäsche und das organisierte Verbrechen begründet.
Die neue Studie aus Italien verstärkt die immer wieder aufkommenden Argumente der Gegner solch wertvoller Banknoten auch in Europa. Die 500 Euro-Scheine sind die wertmäßig zweitgrößten Banknoten unter den gängigen Weltwährungen. In Lettland gibt es eine Banknote über 500 Lati, die derzeit 724 Euro wert ist und damit in Europa den Spitzenreiter stellt. Nochmals erheblich höher ist aber der Nominalwert der 10.000 Dollar-Note aus Singapur, deren Wert 5378 Euro entspricht. Diese Banknote spielt in der Praxis aber kaum eine Rolle. Im Gegensatz dazu sind neben den 500 Euro-Noten auch 1000 Schweizer Franken-Scheine ein gängiges Zahlungsmittel.
Derzeit sind 566 Millionen Stück der 500-Euro-Geldscheine im Umlauf. Die Zahl der existierenden Scheine wächst weiter, aber trotzdem sind die Noten im Alltag nur selten anzutreffen. Knapp 34 Prozent des Bargeldbestandes in Euro bestanden zur Euro-Bargeldeinführung 2002 aus 50-Euro-Scheinen und 23 Prozent aus 500-Euro-Noten. Bis zum Februar 2010 hat sich das Verhältnis laut den italienischen Notenbankern zugunsten der 500er gewandelt, die mittlerweile 36 Prozent des Umlaufs ausmachen. 31 Prozent besteht demnach aus den im Alltag besonders verbreiteten 50-Euro-Scheinen.
In Italien, wo das organisierte Verbrechen mit der Mafia stärker als anderswo in Europa verbreitet ist, gilt das als besonderes Problem. Schätzungen des Analyseinstituts Censis zufolge trägt diese Schattenwirtschaft bis zu 19 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Die Mafia ist zudem mit Abstand die größte Geldwäscheorganisation des Landes. Hier sind die großen Scheine besonders beliebt, bestätigt Maurizio De Lucia von den Strafverfolgungsbehörden. Er war 2006 an der Festsetzung des Mafiabosses Bernardo Provenzano, dem Kopf der sizilianischen Mafia, beteiligt. Die Mafia habe 2009 ihren Gewinn um zwölf Prozent auf 78 Milliarden Euro gesteigert, so die Nichtregierungsorganisation SOS Impresa.
Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Staaten spielt der Bargeldumlauf in Italien mit 91 Prozent weiterhin die dominierende Rolle. Bargeldzahlungen sind allerdings im Gegensatz zu Kreditkarten oder Scheckkartenzahlungen anonym. Der Prozentsatz der Bargeldzahlungen beträgt 59 Prozent in Frankreich und 78 Prozent in Deutschland, wie aus der Studie der Banca d’Italia hervor geht.
Die Verwendung des 500-Euro-Scheins für Geldwäsche und Steuerhinterziehung sei ein starkes Argument für dessen Abschaffung, oder die Reduzierung seines Umlaufs, sagte der Wirtschaftsprofessor Nicola Borri in Rom. Der große Euroschein erleichtere den Geldtransfer über Grenzen, etwa zwischen Italien und der Schweiz, sagte er. Die Konzentration von 500-Euro-Noten ist in den Grenzregionen zur Schweiz und in der Nähe des Zwergstaates San Marino erhöht. In beiden Ländern sind die Geldwäschegesetze weniger streng als in der Eurozone.