60 Apothekern wird vorgeworfen, Zutaten für Krebs-Medikamente aus dem Ausland beschafft und überteuert abgerechnet zu haben.
Hamburg. Mehrere Staatsanwaltschaften ermitteln laut einem Bericht des Senders „NDR Info“ bundesweit gegen rund 60 Apotheker wegen Abrechnungsbetrugs mit Krebsmedikamenten. Die Apotheker hätten sich laut Anklage über Pharma-Großhändler im Ausland die Bestandteile für Zytostatika beschafft. Das sind Zellwachstums-Hemmer für Krebspatienten. Die Medikamente seien im Ausland günstiger, dürfen dem Bericht zufolge aber in Deutschland nicht gehandelt werden.
Die Apotheker bereiteten demnach Rezepturen individuell für Krebs-Patienten mit den ausländischen Substanzen zu. Weder Ärzte noch Patienten hätten nachvollziehen können, woher das Medikament stammte.
Die Staatsanwälte werfen den Apothekern vor, den in Deutschland üblichen Satz abgerechnet und so einen erheblich höheren Gewinn erzielt zu haben, wie der Sender weiter meldete. Die Strafverfolger in Mannheim und im niedersächsischen Verden hätten bereits Anklage erhoben. Verfahren gebe es gegen Apotheker in Augsburg, Braunschweig, Celle, Kiel, Mainz, Münster und Wuppertal. In Oldenburg und Hamburg seien gegen Apotheker Geldstrafen verhängt worden.
Aufgeflogen war die Masche laut NDR durch einen Pharma-Großhändler. Diesem sei ein Krebs-Mittel aus dem Ausland zu günstigen Konditionen angeboten worden. Bei der Überprüfung der Substanzen habe sich herausgestellt, dass das über die Schweiz und Dubai gelieferte Präparat wirkungslos gewesen sei. Der Pharma-Großhändler habe dann die Krankenkassen benachrichtigt.
Die AOK Niedersachsen bezifferte ihren Schaden auf über zwei Millionen Euro, wie ein Sprecher dem NDR bestätigte. Auch die Techniker Krankenkasse habe entsprechende Erkenntnisse bestätigt. Die Ersatzkassen rechneten mit einer Schadenssumme von mindestens zehn Millionen Euro.
„Viel schwerer als der finanzielle Aspekt wiegt allerdings der Vertrauensverlust bei den Patienten“, sagte TK-Sprecher Hermann Bärenfänger „NDR Info“zufolge: Viele Krebserkrankte machten sich Sorgen, möglicherweise wirkungslose Medikamente bekommen zu haben.