Schlechte Bankberatung, mangelnde Transparenz bei Finanzprodukten, verärgerte Kunden: Verbraucherschützer fordern längst eine durchsichtige Beratung, einen einheitlichen “Beipackzettel“. Nun wollte der Bankenverband ein Muster vorlegen, aber ausgerechnet das wichtigste Mitglied tanzt aus der Reihe.

Es schien eigentlich alles klar. Der Bundesverband deutscher Banken (BdB), die Interessenvertretung der privaten Geldinstitute im Land, wollte Anfang März das neue Informationsblatt für Anlageprodukt präsentieren. Chancen, Risiken und Kosten eines Produkts – alles auf einen Blick. Ganz so wie es Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner seit Monaten fordert. Die Banken waren sich sicher, dadurch einmal wieder für positive Schlagzeilen zu sorgen.

Doch dann präsentierte das wichtigste BdB-Mitglied, die Deutsche Bank, in der Vorwoche einen eigenen Beipackzettel auf drei Seiten, angereichert mit grafischen Symbolen. Die Direktbank ING Diba hatte bereits im Herbst des Vorjahres ihre Lösung vorgestellt.

Statt positiver Schlagzeilen gibt es nun vor allem wieder eines: Kritik. „Ein Flickenteppich mit ganz unterschiedlichen Lösungen kann nicht im Interesse des ganzen sein“, sagt Manfred Westphal, Finanzexperte beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Die auch als „Beipackzettel“ bezeichneten Informationsblätter seien für den Kunden nicht vergleichbar. Wie Westphal geht auch Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg davon aus, dass es ohne gesetzlichen Druck nicht geht: „Die Branche ist doch gar nicht daran interessiert, dass Kunden die Produkterklärungen unterschiedlicher Anbieter schön nebeneinander legen können“, sagt er.

Bei der Nummer zwei des privaten Lagers, der Commerzbank, schließt man sich der Meinung der Verbraucherschützer an – und findet ungewöhnlich deutliche Worte an die Adresse der Deutschen Bank. „Alleingänge einzelner Institute helfen den Kunden nicht wirklich weiter. Denn der Kunde muss die Angebote der verschiedenen Banken vergleichen können und das geht nur, wenn es ein einheitliches Informationsblatt für alle Banken gibt“, sagte ein Commerzbank-Sprecher. Sein Haus unterstütze den Bankenverband bei der Erstellung einer entsprechenden Vorlage.

Bei der Deutschen Bank versteht man die Aufregung überhaupt nicht. „Es steht jeder Bank offen, eigene konstruktive Vorschläge zu präsentieren und sich so aktiv in den Wettbewerb um die beste Lösung einzubringen“, sagte ein Deutsche-Bank-Sprecher. Sein Haus werde darüber hinaus weiter in der Arbeitsgruppe des BdB mit anderen Mitgliedern an einer branchenweiten Lösung arbeiten und seine Ideen vortragen.

So drängt sich der Eindruck auf, dass es bei dem Streit vor allem um ein Scharmützel zwischen der Deutschen Bank und der Commerzbank um die Ideen-Hoheit im Privatkundengeschäft geht. Bei anderen Instituten gibt man sich gelassener – arbeitet allerdings ebenfalls an hauseigenen Ansätzen. Die HypoVereinsbank entwickelt derzeit „rund um das Thema Beratungs- und Dienstleistungsqualität ein Maßnahmenpaket, das über das Spektrum eines reinen Produktinformationsblattes hinausgehen wird“, sagte ein Sprecher der Münchner. Bei der Postbank, an der die Deutsche Bank beteiligt ist, will man bis Sommer den Kunden einen Beipackzettel bieten können.

Der Verband der privaten Banken ist unterdessen bemüht, nicht noch mehr Porzellan zu zerbrechen. „Die bereits veröffentlichten Produktionsformationen einzelner Mitgliedsinstitute spiegeln den aktuellen Stand der Diskussionen wider und passen somit in das gemeinsame Ziel“, sagte ein Sprecher. Noch im März werde ein „abgestimmtes Endprodukt“ vorgelegt.

Und um die Kritik des Flickenteppichs aufzufangen, versichert der BdB, dass er auch das Gespräch mit anderen Verbänden suche, um die Verbraucherinformation gleich sektorübergreifend zu gestalten. Ein branchenweit einheitlicher Ansatz ist aber nicht nur wegen des Streits im BdB kaum denkbar. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband kann sich eine Vereinheitlichung der „Waschzettel“ im eigenen Lager vorstellen. Die Volks- und Raiffeisenbanken sehen überhaupt keinen Handlungsbedarf.

Quelle: Welt Online