Van Miert, Monti, Kroes, Almunia – der Fall WestLB hat in Brüssel über die Amtszeit von vier EU-Wettbewerbskommissaren hinweg immer wieder für Wirbel gesorgt. Häufiger und länger als bei jeder anderen Bank in Europa mussten die Beamten der EU-Kommission staatliche Beihilfen in Milliardenhöhe unter die Lupe nehmen. Mit der Genehmigung des Plans zur endgültigen Zerschlagung der einst stolzen Landesbank endet nun eine Ära, die im sonst nüchternen EU-Brüssel die Emotionen hochkochen ließ. Die Niederländerin Neelie Kroes zürnte im November 2009 über die „frustrierende, nicht endende Saga“ der Bank, die nach Milliarden Steuerzahlergeld „süchtig“ sei. Der geduldigere, derzeit amtierende Spanier Joaquin Almunia drohte den Düsseldorfern in diesem Frühjahr sogar offen mit dem Aus.
Auf der einen Seite stand die Bank, die am internationalen Kapitalmarkt ein viel zu großes Rad drehte, sich dabei verspekulierte und wiederholt Milliarden Kapitalspritzen oder Garantien ihrer öffentlichen Eigentümer brauchte. Deren oberstes Ziel war es, die Bank zu erhalten – koste es, was es wolle. Auf der anderen Seite war die EU-Behörde, die als Preis für staatliche Hilfen von 19 Milliarden Euro seit 2008 harte Auflagen und eine Zerschlagung der WestLB forderte. Ihr oberstes Ziel war es, Wettbewerbsvorteile für die Bank durch die an sich unzulässigen Beihilfen zu verhindern und sie auf Dauer bestandsfähig zu machen. Sie verlangte deshalb harte Restrukturierungsmaßnahmen. Aus Sicht der EU-Beamten ließen sich die Eigentümer zu sehr von politischen statt von betriebswirtschaftlichen Faktoren leiten. Die Bankeigner warfen der Kommission vor, merktliberal verbohrt im Interesse der Privatbanken nichts anderes als die Abschaffung staatlichen Eigentums an Banken zu betreiben.
So stritten die EU und die WestLB-Eigner schon von 1999 bis 2004 vor Gericht über eine Milliardenbeihilfe. Nach einer friedlichen Episode mit einer regelkonformen öffentlichen Kapitalspritze 2007 wurde die WestLB 2008 erneut zum Dauerkunden der Beihilfeprüfer. Als eine der ersten Banken musste sie in der Finanzkrise von zig Milliarden fauler Wertpapiere mit Hilfe staatlicher Garantien und Kapitalhilfen befreit werden.
Den daraufhin drei Jahre lang schwelenden Streit zogen beide Seiten unnötig in die Länge, wie ein mit dem Vorgang Vertrauter sagt. Die Bank habe sich zu lange gegen die Forderungen der Kommission gestemmt und an unrealistischen Plänen zum Umbau festgehalten. Das Institut habe durch die vorangegangen Verfahren in Sachen Beihilfen zwar viel Erfahrung gehabt – „aber die WestLB hat nicht gelernt.“ Zudem hätten sich unter ihrem Dach alle Probleme geballt, die bei anderen staatlich gestützten Landesbanken nur einzeln bestanden: starker Einfluss der Politik auf die Geschäftsentscheidungen der Bank, ein hohes Engagement in riskanten Wertpapieren und ein schwaches Geschäftsmodell.
Die Kommission habe sich andererseits tief in Details der Sanierungsauflagen verstrickt, die Beamten seien damit schlicht überfordert gewesen. „So wurden die Verfahren immer länger, und der Hass auf beiden Seiten wurde groß“, sagt der Insider. Der Hochmut der Behörde und der übermäßige politische Einfluss auf die Bank habe eine Lösung lange Zeit verhindert.
Die zeitweise feindlichen Lager einte jedoch eine Sorge. Die WestLB galt als zu groß, um sie in die Insolvenz zu schicken. Nach dem Beben am Finanzmarkt durch die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers wollte niemand wagen, eine Systemkrise auszulösen. Wie groß die Risiken einer Schließung der Bank waren, blieb zwar unklar. „Aber alle hatten zuviel Angst.“ Jetzt wird die WestLB in drei Einzelteile zerlegt – und am Ende doch als Bank vom Markt verschwinden.