London. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hat Hoffnungen gedämpft, die Geschäftsbanken im Euroraum könnten wieder in großem Stil Anleihen von Krisenstaaten kaufen. Die Banken entschieden selbst, wie sie die von der Notenbank zur Verfügung gestellten Gelder einsetzten, sagte Draghi im Interview mit der britischen „Financial Times“ (Montag). Eine Erwartung sei aber, dass sie mit dem Geld die Realwirtschaft finanzierten. Die EZB wird am Dienstag das erste von zwei auf der letzten Zinssitzung angekündigten Refinanzierungsgeschäften mit der extrem langen Laufzeit von drei Jahren durchführen, um den angeschlagenen Bankensektor zu stützen und eine Kreditklemme zu verhindern.

Analysten hatten zuletzt die Hoffnung geäußert, die Kreditinstitute könnten mit dem Geld Staatsanleihen krisengeschüttelter Euro-Staaten kaufen. Auch der französische Präsident Nicolas Sarkozy hatte sich dahingehend geäußert. Im Stile eines sogenannten „Carry Trades“, der auf Zinsdifferenzen zielt, könnte das ein lukratives Geschäft sein. Die Banken beziehen die Mittel zunächst zum aktuellen Niedrigzins von 1,0 Prozent. Italienische oder spanische Anleihen beispielsweise sind deutlich höher verzinst.

Experten verweisen jedoch auf das seit dem griechischen Schuldenschnitt stark belastete Vertrauensverhältnis zwischen privaten Gläubigern und öffentlichen Schuldnern. Zwar hatte EU-Ratschef Herman Van Rompuy auf dem jüngsten Gipfel betont, die private Gläubigerbeteiligung werde auf dem eingeschlagenen Weg nicht weiter verfolgt und Griechenland bleibe eine absolute Ausnahme. Dennoch blieben viele Details zur künftigen Handhabe bei Zahlungsausfällen unklar, so dass Investoren weiter zweifeln könnten. (dpa/abendblatt.de)