Konzernchef Stadler sieht den Konkurrenzkampf unter den drei Nobelmarken Autorennen und das kaufkräftige China ist der Rennplatz.
Ingolstadt/Stuttgart. Im Dreier-Wettrennen um die Krone der deutschen Luxus-Autobauer gibt es ein überraschendes Überholmanöver: Audi wird Mercedes nach Überzeugung von Konzernchef Rupert Stadler schon dieses Jahr beim Absatz erstmals abhängen. „An diesem Fakt ist nicht mehr zu rütteln“, sagte Stadler im Interview mit dem „Handelsblatt“. In den ersten elf Monaten des Jahres setzte Audi 1,19 Millionen Autos ab – Mercedes kam auf 1,14 Millionen Fahrzeuge. Doch Spitzenreiter der Premiumklasse bleibt unangefochten BMW: Seit Januar lieferte der Münchner Autobauer schon 1,51 Millionen Fahrzeuge aus. Audi auf Platz zwei – für Stadler ein echtes Weihnachtsgeschenk.
Im Moment schaut der Kampf folgendermaßen aus: Da ist Primus BMW, von dem die Konkurrenz seit Monaten nur die Auspuffrohre sieht. Chef Norbert Reithofer will selbstverständlich vorne bleiben, sagte aber kürzlich: „Wir wollen uns nicht an einem Rennen beteiligen.“ Er orientiere sich lieber an eigenen Planzahlen als an Wettbewerbern.
+++ Audi verkauft erstmals mehr Modelle als Mercedes +++
+++ Deutsche Nobelmarken legen weiter zu +++
Audi – nun offensichtlich auf Platz zwei – ist aggressiver. „Das ist wie beim Autorennen. Während man sich an den Ersten heranpirscht, darf man auch den Verfolger nicht aus den Augen lassen“, sagte Stadler dem „Handelsblatt“. Und Mercedes? Daimler-Chef Dieter Zetsche will 2020 seine Marke mit dem Stern ganz vorne sehen, also Rang eins.
Da könnte es die Schwaben nachdenklich stimmen, dass Audi 2011 beim Absatz offensichtlich besser unterwegs war. Hatte Mercedes nach der Krise einen schlechteren Start? „Wir kommentieren Aussagen von Wettbewerbern generell nicht“, sagte ein Sprecher am Dienstag in Stuttgart. Mercedes sei beim Absatz „sehr gut“ unterwegs. Und es gebe selbstredend keinen Grund, die Ansage für 2020 zu ändern: „Wir haben klare Zielvorgaben gemacht und die haben weiterhin Bestand.“
Erst vor kurzem bekräftigte Daimler, in dem Rennen um die Krone mit Mercedes auch 2012 einen neuen Absatzrekord einfahren zu wollen. Mercedes-Manager Wolfgang Bernhard sagte: „Mercedes-Benz greift an. Den Weg an die Spitze stellen wir durch umfangreiche Investitionen in den Ausbau unseres leistungsfähigen Produktionsnetzwerkes sicher.“ Daimler hat nämlich kräftig Nachschub im Regal: Zehn neue Modelle kommen in den nächsten vier Jahren in die Autohäuser. Die Hälfte davon sind Kompaktwagen, in die Zetsche große Hoffnung setzt. 2014 will er dem Vernehmen nach etwa 400 000 solcher Autos verkaufen.
Bis 2020 sollen dann Erzrivale BMW und Emporkömmling Audi die Rücklichter der Stuttgarter sehen – so zumindest der Plan hinter der Modelloffensive. In automobilen Zeitszenarien mit Entwicklungszyklen von etwa sechs Jahren ist 2020 allerdings weit weg. Selbst wenn Zetsches Vertrag vielleicht sogar bis Ende 2016 verlängert werden sollte, läge das ausgerufene Ziel wohl nicht mehr in seiner Ägide.
Rückblickend schaut es für Mercedes seit der Jahrtausendwende nicht so gut aus wie für Audi und BMW. Und ausgerechnet im 125. Jahr des Automobils, das bekanntlich auf Carl Benz zurückgeht, ist der Stern nur noch drittklassig – zumindest was den Absatz angeht.
Und in Zukunft? Ausgerechnet am Dienstag präsentierte das Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach eine Studie, die das Mercedes-Image als konservative Marke für ältere Herrschaften bestätigt. Demnach nennt die Generation 50-Plus mehrheitlich Mercedes „besonders interessant“. Doch schon bei den 36- bis 50-Jährigen liegt BMW deutlich vor Mercedes und Audi. In der Altersgruppe der 26- bis 35-Jährigen steht Audi knapp vor BMW – Mercedes ist nur drittklassig. Und bei den jungen, 18 bis 25 Jahre alten Auto-Interessenten rangiert Audi mit erheblichem Abstand vor BMW und VW, während es Mercedes weit abgeschlagen gerade einmal vor die kriselnde Marke Opel schafft.
Die Gründe hinter den unterschiedlichen Bewertungen schwanken zwischen den Polen „Design“ und „Qualität“. Ersteres hat bei der jungen Generation den höchsten Stellenwert – und Mercedes kann dabei offensichtlich am wenigsten punkten. Qualität ist für die älteren Käufer dagegen am wichtigsten – und dabei gibt der Stern den Ton an.
CAM-Direktor Stefan Bratzel erläutert: „Die Markenpräferenzen der jungen Generation haben für die künftige Automobilnachfrage generell eine enorm wichtige Bedeutung.“ Die Einstellungen zur Marke prägten weitere Kaufentscheidungen „in hohem Maße“. So sei klar: Wenn junge Menschen heute Audi mögen, seien sie auch im Alter eher Audi-Käufer.
Die Studie beschränkt sich jedoch auf Deutschland – dort aber wird über Wohl und Wehe der Luxus-Autobauer längst nicht mehr entschieden. Das Rennen des Trios wird wohl auf den Wachstumsmärkten ausgetragen werden, allen voran China. Das Reich der Mitte, wo erst ein Bruchteil der möglichen Autodichte erreicht ist, dürfte über Gold, Silber und Bronze entscheiden. Doch Emporkömmling Audi hat dort einen Riesenvorsprung. (dpa/abendblatt.de)