Über die Kreditwürdigkeit von Staaten und firmen entscheiden nur drei Firmen, sie sich das Geschäft weltweit teilen.

Berlin. Ratingagenturen bewerten die Kreditwürdigkeit von Firmen und Staaten, aber auch die Qualität von Fonds und anderen Wertpapieren. Ihre Einstufung entscheidet darüber, zu welchen Bedingungen sich Konzerne, Banken oder Länder auf den Kapitalmärkten Geld leihen können. Den Bewertungsagenturen kommt damit eine enorme Macht zu. Je besser die Einstufung, also die erwartete Rückzahlungsfähigkeit, desto niedriger die Zinsen.

Umgekehrt führt eine Herabstufung dazu, dass der potenzielle Schuldner Geld nur zu höheren Zinsen aufnehmen kann. Dies trifft auf Griechenland, Irland und Portugal zu. Üblich ist eine Herauf- oder Herabstufung um eine Stufe. Manchmal werden die Beteiligten auch einige Monate vorher öffentlich gewarnt, so wie das jetzt bei der Eurozone der Fall ist.

Auf dem Weltmarkt sind drei Agenturen mit weitem Abstand bestimmend: die US-Unternehmen Standard & Poor’s (S&P) und Moody’s sowie die britische Agentur Fitch Ratings. Firmen, die in den USA auf dem Kapitalmarkt agieren wollen, müssen sich von mindestens zwei dieser drei von der Börsenaufsicht SEC allein zugelassenen Agenturen bewerten lassen.

Schulnoten für Länder

Die Einstufungen lassen sich mit Schulnoten vergleichen. Eine 1 plus entspricht dem besten S&P-Rating AAA. Der Kreditgeber nimmt ein Ausfallrisiko von 0,02 Prozent im wörtlichen Sinn „in Kauf“. Je niedriger das Ausfallrisiko, desto geringer muss der Kredit mit Eigenkapital der Bank hinterlegt sein, und umso mehr Verhandlungsspielraum hat auch der Kunde.

Beim AAA-Rating eines Unternehmens beträgt die Eigenkapitalquote 1,6 Prozent. Die Note zwei gibt es bei AA+ (besser als AA) bis AA- (schlechter als AA), und so weiter bis hinab zu D, was einer „Acht“ bei Schulnoten entspräche. Bei D wird mit 20 Prozent Ausfallrisiko oder einem Totalausfall kalkuliert, der Kredit – wenn er überhaupt noch gewährt wird – muss mit zwölf Prozent Eigenkapital der Bank unterlegt sein.

Privatfirmen bewerten

Die Bewertungsagenturen sind auf Gewinn ausgerichtete Privatfirmen. Kritik entzündet sich nicht erst seit der Finanzmarktkrise daran, dass die Unternehmen, die von den Agenturen bewertet werden, diese auch bezahlen. Seit längerem gibt es auch Gedankenspiele in der EU, eine eigene Bewertungsagentur zu gründen. Sie sind aber bislang nicht Wirklichkeit geworden. Die Berater von Roland Berger arbeiten derzeit an einem solchen Projekt.

In der Finanzmarktkrise wurde den Ratingagenturen vorgeworfen, Asset Backed Securities (ABS, forderungsbesicherte Wertpapiere) mit Höchstnoten bewertet zu haben, die später durch den Einbruch des US-Hypothekenmarkts massiv verloren. Banken konnten aber zuvor mit den Höchstnoten bewertete ABS an andere verkaufen, um Geld für neue Geschäfte zu bekommen. (dapd/abendblatt.de)