Überrraschend hat ThyssenKrupp die Bekanntgabe der Jahreszahlen 2010/11 um eine Woche vorgezogen.

Düsseldorf. Der vor dem Umbau stehende Stahlkonzern ThyssenKrupp zieht überraschend die Vorlage seiner Jahresergebnisse vor. Der Konzern lud am Freitag kurzfristig für 14:00 zu einer Pressekonferenz nach Essen ein. Der Vorstand werde dabei die Zahlen zum Geschäftsjahr 2010/11 erläutern. Ursprünglich hatte ThyssenKrupp dies erst für Dienstag geplant. Der Konzern kämpft unter anderem mit hohen Verlusten in der amerikanischen Stahlsparte. Ein Sprecher wollte sich am Morgen nicht zu Zeitungsberichten äußern, wonach der Spartenleiter Hans Fischer ThyssenKrupp verlassen wird. Der Aufsichtsrat will am Vormittag auch darüber beraten, wie die Edelstahlsparte abgestoßen werden könnte.

Anfang des Jahres hatte der ehemalige Siemens-Manager Heinrich Hiesinger den Chefposten in Essen übernommen. Er will Unternehmensteile mit 35.000 Beschäftigten abstoßen, darunter die Edelstahlsparte. Der Aufsichtsrat will am Vormittag über die verschiedenen Möglichkeiten beraten. Offiziell prüft ThyssenKrupp weiter drei Varianten: einen Börsengang, einen Spin Off und einen Verkauf. Ein Börsengang ist wegen des schwierigen Marktes derzeit nicht zu erwarten. Auch ein Spin Off sei unwahrscheinlich geworden, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen Reuters. ThyssenKrupp spreche mit Private Equity Unternehmen und auch mit strategischen Investoren über einen Verkauf. „Es gibt aber noch keinen Deal.“

Seit Jahren wird auf dem von Überkapazitäten geprägten europäischen Edelstahlmarkt eine Konsolidierung erwartet. ThyssenKrupp hatte in der Vergangenheit unter anderem Gespräche mit dem finnischen Anbieter Outokumpu geführt, der auch jetzt an dem Geschäft interessiert sein könnte. Zu weiteren Anbietern gehören die ArcelorMittal -Abspaltung Aperam sowie Acerinox aus Spanien. Die Edelstahlsparte von ThyssenKrupp beschäftigt in Deutschland, Italien, Mexiko, China und den USA rund 11.300 Mitarbeiter. Füt die italienische Tochter Terni interessiere sich ein US-Finanzinvestor, hatte Reuters am Donnerstagabend von einer mit der Situation vertrauten Person erfahren. Analysten schätzen den Wert von Terni auf rund 750 Millionen Euro.

Neben dem Edelstahlgeschäft gehört die amerikanische Stahlsparte zu den größten Baustellen Hiesingers. Marktexperten rechnen damit, dass die Sparte das vergangenen Geschäftsjahr einen Verlust von mehr als einer Milliarde Euro eingefahren habe könnte. Unter Hiesingers Vorgänger Ekkehard Schulz waren die Kosten für zwei neue Stahlwerke in Brasilien und den USA explodiert. Über die Verluste war bereits der frühere Stahlchef Karl-Ulrich Köhler gestolpert, der den Konzern verlassen musste. Der jetzige Steel-Americas-Chef Fischer war erst 2010 vom Konkurrenten Salzgitter zu ThyssenKrupp gewechselt.

Zudem kämpft ThyssenKrupp mit Schulden in einer Höhe von rund 6,5 Milliarden Euro. ThyssenKrupp hatte dennoch für das abgelaufene Geschäftsjahr Wachstum in Aussicht gestellt. 2010/11 wollte Hiesinger den Umsatz von zuletzt 42,6 Milliarden Euro um zehn bis 15 Prozent steigern. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) sollte auf etwa zwei Milliarden Euro nach zuvor 1,2 Milliarden Euro zulegen. (Reuters)