Die Konsumfreude der Verbraucher ließ das Bruttoinlandsprodukt von Juli bis September um 0,5 Prozent zum Vorquartal zulegen.

Wiesbaden. Trotz Schuldenkrise: Im dritten Quartal wächst die deutsche Wirtschaft wieder. Der Grund: Die Konsumfreude der Verbraucher, die das Bruttoinlandsprodukt von Juli bis September um 0,5 Prozent zum Vorquartal zulegen ließ. Diese Werte teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag in einer ersten Schätzung mit. Im Jahresvergleich lag das Wachstum im dritten Quartal bei 2,5 Prozent, nach 3,0 Prozent im Vorquartal. Auch das zweite Vierteljahr fiel besser aus als zunächst berechnet: Für den Zeitraum April bis Ende Juni wiesen die Statistiker statt mageren 0,1 Prozent Wachstum nun ein Plus von 0,3 Prozent aus. Damit knüpft die heimische Konjunktur allmählich an den fulminanten Jahresstart an.

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Ein ganz anderes Bild zeigt sich im Gesamtblick auf die EU: Hier ist die Wirtschaft im dritten Quartal kaum noch gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg zwischen Juli und September im Vergleich zum Vorquartal um 0,2 Prozent, wie die europäische Statistikbehörde Eurostat am Dienstag auf Grundlage einer Schnellschätzung bekanntgab. Im Euroraum legte die Wirtschaft ebenfalls um 0,2 Prozent zu. Im Vergleich zum dritten Quartal des vergangenen Jahres stieg das saisonbereinigte BIP sowohl im Euroraum als auch in der gesamten EU um 1,4 Prozent.

Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sieht die deutsche Wirtschaft angesichts des deutlichen Wachstumsplus’ „nach wie vor in guter Verfassung“. Das Vorkrisenniveau sei damit überschritten worden, erklärte Rösler. Nach dem rasanten Aufholprozess sei aber in den kommenden Monaten mit einer Verlangsamung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zu rechnen.“ Unter anderem würden die Turbulenzen auf den Finanzmärkten zur Verunsicherung von Konsumenten und Unternehmen beitragen. Die Wirtschaftspolitik müsse jetzt durch entschlossene Konsolidierung und bessere Wachstumsbedingungen „die Vertrauenskrise möglichst schnell überwinden“.

Dennoch: Deutschland droht in den kommenden Monaten eine Flaute. Viele Experten befürchten eine stagnierende oder sogar schrumpfende Wirtschaftsleistung. „Wir rechnen mit einer milden Rezession im Winter“, sagte Christian Schulz von der Berenberg Bank. Wie lange sie dauern werde, hänge sehr stark von der Schuldenkrise ab. „Wenn sie sich weiter ausweitet und die anderen Euro-Länder noch mehr sparen, bekommen wir das als stark exportabhängiges Land zu spüren“, sagte auch Citigroup-Ökonom Jürgen Michels.

Die Industrie spürt die Schuldenkrise und die weltweite Konjunkturabkühlung bereits: Sie erhielt zuletzt deutlich weniger Aufträge aus der Währungsunion, in die etwa 40 Prozent ihrer Ausfuhren gehen. Auch aus Übersee lässt die Nachfrage nach.

Für Schwung sorgten im Sommer neben den konsumfreudigen Verbrauchern auch die Unternehmen, die wieder mehr in Maschinen, Fahrzeuge und andere Ausrüstungen investierten. Die Bauausgaben gingen dagegen nach dem starken Jahresbeginn etwas zurück. Da Exporte und Importe etwa gleich stark zulegten, hatte der Außenhandel „kaum messbare Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum im dritten Quartal“, schrieben die Statistiker. „Trotz Gegenwind in den letzten Monaten – globale Abkühlung, Schuldenkrise in Europa und Marktturbulenzen – gibt es weiter Lebenszeichen der deutschen Wirtschaft“, sagte UniCredit-Experte Andreas Rees. „Man sollte die deutsche Wirtschaft nicht unterschätzen.“ Nach Angaben des Bundesamtes kamen positive Impulse vor allem aus dem Inland: Insbesondere gestiegene private Konsumausgaben trugen demnach zum Anstieg des BIP bei.

Im Vergleich zu vielen anderen Euro-Ländern steht die deutsche Wirtschaft sehr gut da. Spaniens Wirtschaft stagnierte im Sommer, während die portugiesische sogar um 0,4 Prozent schrumpfte. Frankreich schaffte ein Plus von 0,4 Prozent. Eurostat veröffentlich noch am Vormittag seine Prognose für die gesamte Euro-Zone.

(abendblatt.de/dpa/Reuters)