Jeweils vier Vertreter beider Seiten trafen sich unter Leitung des Schlichters Volker Rieble um 10 Uhr in Frankfurt. Entscheidung am Abend.

Berlin. Im seit Monaten tobenden Tarifstreit der Fluglotsen hat es den wohl letzten Vermittlungsversuch gegeben: Auf Initiative von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) kamen am Mittwoch Vertreter der bundeseigenen Deutschen Flugsicherung (DFS) und der Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) noch einmal zu Verhandlungen in Frankfurt zusammen. Ramsauer zeigte sich vorsichtig optimistisch.

„Ich gehe mit einer Wahrscheinlichkeit von deutlich über 50 Prozent davon aus, dass wir heute abend ein für beide Seiten tragfähiges Ergebnis haben werden“, sagte Ramsauer in Berlin. Er verwies darauf, dass zuletzt ein einziger, wenn auch durchaus gewichtiger Punkt von ursprünglich 30 strittigen Punkten zwischen den Tarifparteien noch offen gewesen sei. An dem Gespräch nahm auch Verkehrsstaatssekretär Rainer Bomba teil. Sollten die Verhandlungen scheitern, droht der erste bundesweite Fluglotsen-Streik.

Der Vorstand der GdF hat sich bereits für einen Streik in dieser Woche ausgesprochen, nach dem die letzte Schlichtungsrunde am vergangenen Freitag geplatzt war. Hauptstreitpunkt war die Beförderung von Schicht- und Teamleitern. Die DFS und die Gewerkschaft gaben sich gegenseitig die Schuld am Scheitern der Verhandlungen.

Nach Intervention Ramsauers erklärte sich die GdF aber noch einmal zu einem Gespräch mit der Flugsicherung unter Leitung des Schlichters Volker Rieble bereit. Das Unternehmen beschäftigt rund 6000 Mitarbeiter, darunter etwa 2000 Fluglotsen. Die GdF-Mitglieder haben im Sommer bereits per Urabstimmung für einen Streik gestimmt, der nach heftigen juristischen Auseinandersetzungen durch die Schlichtung vorläufig abgewendet worden war.

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft warnte vor den Auswirkungen eines möglichen Fluglotsenstreiks. Bei einem 24-stündigen Streik wären rund 300 000 Passagiere betroffen, sagte der Verbandspräsident und ehemalige TV-Journalist Klaus-Peter Siegloch im „Morgenmagazin“ von ARD und ZDF. Zuletzt hatten die Fluglotsen im August allerdings Streiks für lediglich sechs Stunden angekündigt. Diese konnten in letzter Minute abgewendet werden.

(dpa/abendblatt.de)

Hauptstreitpunkt der Fluglotsenverhandlungen

In nahezu allen Punkten - auch über das Gehalt - waren sich Fluglotsen und Deutsche Flugsicherung (DFS) zuletzt einig. Dennoch platzte die Schlichtung in dem seit Monaten tobenden Tarifkonflikt. Der Grund: Die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) forderte, dass alle Team- und Schichtleiter in eine höhere Vergütungsgruppe eingestuft werden sollen. Im Gegenzug verringerte die GdF nach eigenen Angaben ihre ursprünglichen Gehaltsforderungen insgesamt.

Die Deutsche Flugsicherung argumentierte hingegen, nicht alle Schicht- und Teamleiter würden in gleichem Maß Verantwortung tragen. Eine generelle Beförderung dieser Lotsen-Gruppe würde zudem Mehrkosten von mehreren Millionen Euro verursachen. Zuletzt legte das bundeseigene Unternehmen einen neuen Vorschlag vor: Alle Schicht- und Teamleiter sollten wie gefordert in eine höhere Vergütungsgruppe eingestuft werden. Im Gegenzug wollte die DFS allerdings das Gehalt der Neulinge in dieser Gruppe schmälern. Die GdF lehnte das Angebot ab.

Was tun, wenn die Fluglotsen streiken?

Die Fluglotsen streiken und der Reisende bleibt auf den Kosten sitzen? Airlines und Veranstalter dürfen gestrandete Kunden nicht einfach alleinlassen. Reiserechtler Paul Degott aus Hannover erklärt, wie sich Betroffene verhalten sollten und welche Ansprüche sie haben.

Wie informiere ich mich, ob mein Flug ausfällt oder verspätet ist? Wer eine Pauschalreise gebucht hat, wendet sich an seinen Veranstalter. Für Passagiere, die nur ein Flugticket haben, ist die Airline der richtige Ansprechpartner. Degott rät, sich schon zu Hause über Hotlines und die Webseiten der Unternehmen zu informieren.

Was passiert, wenn ich am Flughafen gestrandet bin? Der Veranstalter oder die Fluggesellschaft muss gestrandete Kunden betreuen. Die Leistungen gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung sind unabhängig davon, ob das Unternehmen für die Verspätungen oder Ausfälle von Flügen verantwortlich ist. Passagiere haben Anspruch auf Essen und Getränke, meist erhalten sie dafür Gutscheine. Außerdem steht ihnen zu, kostenlos zweimal zu telefonieren, Faxe zu verschicken oder E-Mails zu schreiben. Verschiebt sich der Flug sich auf einen anderen Tag, muss die Airline oder der Veranstalter die Übernachtung im Hotel übernehmen. Derzeit wird noch vor Gericht darum gestritten, für wie viele Nächte dabei gezahlt werden muss. Zumindest für zwei Übernachtungen gilt der Anspruch aber als gesichert.

Wie komme ich trotz des Streiks an mein Reiseziel? Die Fluggesellschaft oder der Veranstalter hat die Pflicht, so schnell wie möglich eine Ersatzbeförderung zu organisieren. Kunden können diese per Telefon oder am Schalter des Unternehmens am Flughafen fordern.

Urlauber sollten nicht aus Verärgerung einfach ein Zugticket buchen. Wer beispielsweise einen Flug von Frankfurt am Main über Paris nach New York gebucht hat, sollte nicht auf eigene Faust mit dem Zug nach Paris fahren, um den Anschlussflug zu erwischen. Denn dann sei es fraglich, ob die Fluggesellschaft das Zugticket erstattet, warnt Degott.

Hab ich Anspruch auf Schadenersatz? Nein. Die Fluggesellschaft oder der Veranstalter sind nicht dafür verantwortlich, wenn wegen eines Fluglotsenstreiks Flüge ausfallen. Denn dabei handle sich um einen Fall höherer Gewalt, erklärt Degott. Die Fluglotsen seien weder bei einer Fluggesellschaft noch bei einem Veranstalter angestellt. Bei einem solchen „Drittstreik“ steht Urlaubern daher keine Entschädigung zu, wie sie die EU-Fluggastrechteverordnung in anderen Fällen vorsieht.