Mut, Startkapital und ein dreitägiges Seminar "Wie gründe ich einen Coffeeshop": Das war alles, was Vanessa Kullmann im Jahr 1998 benötigte, um aus dem Nichts heraus ihre Hamburger Kette Balzac Coffee aufzubauen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Deutschen noch ein Volk von Kännchentrinkern, Kaffee mit Schlagsahne wurde als Cappuccino ausgegeben, und Espresso gab es allenfalls im Italien-Urlaub.
Heute steht in nahezu jedem Hamburger Haushalt ein Kaffeevollautomat mit Milchaufschäumdüse, und Soziologen ergründen die tieferen Bedürfnisse der Latte-macchiato-Mütter. Soll heißen: Ein simpler Cappuccino lockt niemanden mehr aus dem Haus.
Daher brauchen die Coffeeshop-Ketten neue Konzepte, um sich gegen die wachsende Konkurrenz zu behaupten. Entweder sie setzen voll auf höchste Qualität und bieten Bio-Kaffees, Live-Röstungen und Barista-Seminare für den ambitionierten Kaffeefreund an oder sie erweitern ihr Essensangebot und mutieren zum Mittagstisch mit Kaffeebar.
Das größte Problem für die weitere Expansion dürfte aber die Standortsuche darstellen, denn schon heute graben sich Dutzende Coffeeshops in der Hamburger Innenstadt gegenseitig das Wasser ab. Insofern ist es nur logisch, dass Ketten wie Balzac heute eher durch Zusammenschlüsse, denn durch neue, selbst eröffnete Geschäfte wachsen. Eine gewisse Größe ermöglicht es Kaffeeexperten zudem, mit anderen großen Playern wie Supermärkten, Buchhandelsketten oder Altenheimen ins Geschäft zu kommen. Der Latte macchiato am Krankenbett ist wohl erst der Anfang.