Für Deutschland ist es Konflikt und Kooperation zugleich. Die Banken helfen mit, die Laufzeit ist verlängert und ein Umtausch des Pakets ist mit drin.
Brüssel. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist am Donnerstagmittag gut gelaunt zum Euroland-Gipfel in Brüssel gekommen. Über ihr donnerte es von den Vorbereitungen zur Flugparade am belgischen Nationalfeiertag. Sie blickte nach oben und fragte die wartenden Journalisten: „Ist das dauerhaft so hier, oder...?“ Dann setzte sie noch einmal an: „Guten Tag.“ Und äußerte sich zuversichtlich, dass sich die Staats- und Regierungschefs schon auf ein neues Griechenland-Paket einigen würden – obwohl sie schon sieben Stunden lang bis ein Uhr morgens darüber verhandelt hatte.
Doch gerade die Nachtsitzung mit dem französischen Staatspräsidenten, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) Jean-Claude Trichet und dem telefonisch zugeschalteten EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy machte sie optimistisch. Deutschland und Frankreich hatten einen Kompromiss für den Kontinent festgeklopft – getreu dem Motto, dass die beiden Länder gleichzeitig Konflikt und Kooperation leben, und dann versuchen müssen, den Rest der Euroländer mitzuziehen.
Immerhin stellen die beiden Länder zusammen die Hälfte der Wirtschaftskraft der Eurozone. Ihre Touristen machen große Kontingente bei den Urlaubern in Griechenland aus. Und ihre Banken und Versicherungen sind die größten Gläubiger Griechenlands.
Doch hier begannen die Probleme: Deutschland verlangte, dass die Privaten ordentlich Geld beisteuern sollten zum neuen Rettungspaket für Griechenland. Damit nicht bloß der Steuerzahler Garantien geben würde. Das hätte aber die französischen Banken und ihre griechischen Töchter viel härter getroffen als die deutschen.
Daher hatten die französischen Banken einen freiwilligen Umtausch der Anleihen in Papiere mit 30 Jahren Laufzeit vorgeschlagen. Die Allianz, die als Versicherer auch viele Staatsanleihen hält, forderte eine Versicherungslösung. Die Commerzbank, die gut zwei Milliarden Euro im Feuer hat, schlug eine Abschreibung um 30 Prozent vor. Die deutschen Wirtschaftsprüfer verlangten in dieser Woche sogar Abschreibungen um 30 bis 50 Prozent noch im zweiten Quartal.
Die EZB war sogar komplett gegen eine Beteiligung des Privatsektors. Sie befürchtete, dass die Ratingagenturen einen teilweisen oder einen Komplettausfall griechischer Staatsanleihen erklären würden. Dass dann die Anleger nicht bloß portugiesische, sondern auch spanische und italienische Papiere verkaufen würden. Dass damit die Zinsen für die beiden größeren Länder so hoch steigen würden, dass sie sich nicht mehr finanzieren könnten. Ein Beginn dieser Bewegung war Anfang der Woche schon zu sehen.
Am Ende stand vermutlich ein Kompromiss, der beide Optionen offenließ. Sowohl eine Laufzeitverlängerung als auch ein Umtausch waren im Paket vorgesehen, wie am Donnerstagnachmittag durchsickerte. Jeder konnte sich also wie bei einem Menü aussuchen, was ihm am besten gefiel. Merkel jedenfalls hatte großes Interesse, dass die Gipfel in Brüssel sich nicht ewig in die Nacht hinziehen würde. Sie wollte schon am Freitagmittag in Berlin ihre Abschluss-Pressekonferenz geben und dann via Bayreuther Festspiele endlich in den Sommerurlaub gleiten. (dpa)
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Merkel gegen spektakuläre Schritte bei Griechenland-Hilfe
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will sich morgen beim Euro-Sondergipfel nicht dem Druck anderer Mitgliedstaaten beugen. Nach einem Jahr der Debatte über Griechenland gebe es die Sehnsucht nach dem einen abschließenden Schritt, "am besten spektakulär", sagte Merkel gestern in Hannover. Genannt würden eine deutliche Umschuldung, Euro-Bonds, eine Transferunion und vieles mehr. "Man erweckt den Eindruck, dass das Thema Griechenland und Euro dann wieder zur Seite gelegt werden könnte."
Es sei menschlich, sich zu wünschen, dass das Thema Griechenland wieder verschwinde. "Aber ich werde dem so nicht nachgeben, die Bundesregierung auch nicht." Einen spektakulären Schritt werde es nicht geben. Es gehe einzig und allein darum, "einen kontrollierten und beherrschten Prozess aufeinanderfolgender Schritte und Maßnahmen zu erzeugen".
Derweil brachten sich die Gegner und Befürworter von größeren Hilfen und Euro-Bonds in Stellung. Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Philipp Rösler (FDP) lehnte einen Kauf griechischer Staatsanleihen durch den Rettungsschirm EFSF und Euro-Bonds ab. Dagegen forderten die fünf Wirtschaftsweisen einen Schuldenschnitt für Griechenland. Das bislang verfolgte "Prinzip Hoffnung", nach dem die Krisenländer Griechenland, Irland und Portugal in absehbarer Zeit die von der Gemeinschaft erhaltenen Finanzhilfen zurückzahlen, sei zu wenig.
Vielmehr könne es so zu einer uneingeschränkten gemeinsamen Haftung im Euro-Raum für Staatsschulden oder zu einem Auseinanderbrechen der Währungsunion kommen, warnen die Wirtschaftsweisen Wolfgang Franz, Peter Bofinger, Lars P. Feld, Christoph M. Schmidt und Beatrice Weder di Mauro in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Anzustreben sei ein Schuldenschnitt auf ausstehenden Anleihen um etwa 50 Prozent.
Griechenlands Taxifahrer sorgen unterdessen durch Blockaden von Häfen und Flughäfen für Ärger vor allem bei Urlaubern. Aber auch Hoteliers, Tourismusangestellte und Händler, die um ihre Einnahmen fürchten, reagierten empört. Gestern blockierten Taxifahrer rund vier Stunden lang die Zufahrtsstraße zum Flughafen der nordgriechischen Hafenstadt Thessaloniki. Reisende mussten in der sommerlichen Hitze ihr Gepäck die letzten rund 500 Meter zum Flughafen schleppen. Rund tausend Fahrer besetzten zudem vorübergehend die Abflughalle. Sie protestierten gegen die geplante Öffnung ihres Berufsstandes und gefürchtete neue Konkurrenz. Ähnliche Szenen gab es auch auf Kreta im Flughafen der Touristenstadt Heraklion.
In Patras blockierten Taxifahrer die Hafeneinfahrt. Hunderte Touristen mussten stundenlang am Kai ausharren, berichtete das Staatsradio (NET). Die Taxifahrer behinderten zudem den Landgang von rund 3000 Touristen, die an Bord von zwei Kreuzfahrtschiffen im Hafen von Katakolon (Westpeloponnes) angekommen waren, um die antike Stätte von Olympia zu besuchen. In Athen beschränkten sich die Proteste auf eine Demonstration im Zentrum.
Die Blockaden haben in Griechenland Empörung ausgelöst. Hotelier- und Reiseagenturverbände, aber auch Händler verurteilten die Aktionen der Taxifahrer aufs Schärfste: Sie würden dem Tourismus schweren Schaden zufügen.