Uneinigkeit vor Sondergipfel zur Schuldenkrise. SPD-Generalsekretärin für Rating-Agentur in Europa

Berlin/Brüssel. Vor dem Sondergipfel zur Schuldenkrise suchen Europas Politiker und Experten händeringend nach Lösungen. Während die Europäische Zentralbank sich für einen Rückkauf griechischer Anleihen durch den Euro-Rettungsschirm EFSF aussprach, wurden im Bundesfinanzministerium mehrere Varianten durchgespielt, um die Staatsschulden in den Griff zu bekommen. Irland brachte Euro-Anleihen ins Gespräch, die jedoch von Bundesbank-Chef Jens Weidmann entschieden abgelehnt wurden. In Athen forderte Ministerpräsident Giorgos Papandreou wiederum mutige Entscheidungen. Am Donnerstag kommen die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone zu einem Sondergipfel zum Thema Griechenland und Schuldenkrise zusammen.

Altkanzler Helmut Kohl sorgt sich unterdessen um Europa. "Ich bin - wie viele - besorgt über die Entwicklung in Europa und des Euro", sagte er der "Bild"-Zeitung. Er sehe es als dringend notwendig an, dass die vermeintliche Euro-Krise nicht als Strukturkrise des Euro an sich verstanden werde, sondern als das, was sie sei: "Das Ergebnis hausgemachter Fehler und Herausforderungen für beide Seiten - Europa und die Nationalstaaten."

Unterdessen forderte die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles, angeschlagene Euro-Staaten aus dem Bewertungssystem der Rating-Agenturen auszuschließen. "Wir sollten überlegen, ob man Vorkehrungen schafft, die es erlauben, Länder, die sich unter einem 'Rettungsschirm' befinden, vorübergehend aus dem Bewertungssystem der Agenturen zu nehmen", sagte Nahles dem Abendblatt. "In einem solchen Fall, in dem die Währungsunion für große Teile der Schulden haftet, sind Ratings kontraproduktiv."

Nahles forderte zudem den Aufbau einer großen europäischen Rating-Agentur. "Diese muss es geben, weil Europa eine Alternative zum jetzigen Bewertungssystem braucht." Ferner müsse man die Abhängigkeit von den Urteilen der Rating-Agenturen reduzieren, "auch und gerade in der europäischen Gesetzgebung". Die Agenturen seien privat und nicht dem öffentlichen Wohl verpflichtet, sagte Nahles. "Wir sollten unsere Meinung nicht länger nur von drei amerikanischen Rating-Agenturen abhängig machen. Wir müssen in Europa selbst Bewertungen vornehmen können, um Länder in finanziellen Schwierigkeiten wie Griechenland besonders zu behandeln."