Twitter feiert seinen fünfjährgen Geburtstag. Der Online-Kurznachrichtendienst hat in kurzer Zeit das Internet nachhaltig verändert.

San Francisco. Fünf Jahre, was sind schon fünf Jahre? In der digitalen Zeitrechnung können sie die Welt bedeuten. Twitter hat diese Zeitrechnung geprägt, nicht zuletzt durch die Einführung einer radikalen Verkürzung des Bedeutsamen. Alles muss schneller gehen - in eine solche, sich selbst überholende Gesellschaft stieß der Internet-Kurznachrichtendienst Twitter vor fünf Jahren. Alles was gesagt werden kann, sollte auf 140 Zeichen begrenzt werden. Die Idee war ebenso einfach wie bahnbrechend. Twitter ist eine Erfolgsgeschichte.

Der erste Tweet, so werden die Texthäppchen genannt, wurde am 21. März 2006 verschickt. Aber so richtig ging es aber erst am 15. Juli los. Damals schrieb der Journalist Michael Arrington für das US-Blog „TechCrunch“: „Odeo hat heute einen neuen Dienst gestartet, der Twttr heißt und eine Art von SMS-Anwendung für den „Gruppenversand“ ist.“ Das diese "SMS-Anwendung" wenige Jahre später Börsenkurse beeinflussen und Diktatoren stürzen kann, damit rechnete wohl niemand. Eigentlich wollte die kleine Firma Odeo in San Francisco nur einen Podcasting-Dienst entwickeln. Bei einem Brainstorming schlug der Entwickler Jack Dorsey kurze Statusmeldungen an alle Teammitglieder per SMS zu senden, damit jeder weiß, woran die anderen arbeiten. Nur zwei Wochen später gab es den ersten Prototyp, und Dorsey verschickte die erste Nachricht: „inviting coworkers“. Die Geburt von Twitter.

Das Nebenprojekt wurde etwas später für alle interessierten Nutzer freigegeben. Der schnelle Erfolg war für alle eine Überraschung. Ein gutes Jahr nach dem ersten Tweet gründete Dorsey daher gemeinsam mit Biz Stone und Evan Williams eine eigene Firma unter dem heutigen Namen Twitter Inc. Die Idee ist einfach: Nutzer veröffentlichen Nachrichten von maximal 140 Zeichen Länge – weniger, als in eine SMS passt. Dank Hyperlinks können sie aber auf längere Texte, Bilder oder Videos verweisen. Wen das interessiert, der kann als „Follower“ die „Tweets“ abonnieren und über den PC oder ein internetfähiges Handy abrufen. Anders als zu Beginn spielen SMS heute nur noch eine untergeordnete Rolle.

Was Twitter genau ist, hängt davon ab, was man daraus macht. Wer Tweets von Medienhäusern, Bloggern und Promis abonniert, stellt sich einen Nachrichtenticker zusammen, in dem sich Eilmeldungen, Analysen und Tratsch mischen. Augenzeugenberichte lassen Menschen in aller Welt an Katastrophen wie in Japan oder Revolutionen wie in Ägypten teilhaben. Und wer Freunde hat, die ihr Frühstück oder den „Tatort“ kommentieren – beides keine Seltenheit -, hat ein Befindlichkeits-Barometer. Gerade durch die private "Freizügigkeit" sind viele Nutzer noch heute abgeschreckt. Sie bewerten Twitter als nicht Ernst zu nehmende „Quasselbude“. Es passt sehr viel Belanglosigkeit auf 140 Zeichen. Die Faszination stellt sich oft erst mit dem Herumspielen ein. „Die Mischung schafft eine Medienerfahrung, die sich von so ziemlich allem unterscheidet, was es vorher gegeben hat“, schrieb das Magazin „Time“ 2009.

Was Twitter allerdings noch fehlt ist ein belastbares Geschäftsmodell. Werbung kann weder den erhofften Umsatz einbringen, noch ist sie bei den Nutzern sonderlich beliebt. Zuletzt bemühte sich Twitter verstärkt darum, die Software rund um den Kurzmitteilungsdienst unter eigene Kontrolle zu bekommen. So wurde im Mai die populäre Twitter-Anwendung TweetDeck gekauft. Trotz der ungeklärten Frage nach den Gewinnquellen reißen sich Investoren um Anteile an der jungen Internet-Firma – die Bewertung des Unternehmens wird inzwischen mit sieben Milliarden Dollar beziffert

(abendblatt.de/dpa)