Düsseldorf. Auch 21 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung liegt das Gehaltsniveau im Osten weiterhin deutlich unter dem im Westen. Im Schnitt beträgt das Lohngefälle laut WSI-Tarifarchiv 17 Prozent. Laut "Bild"-Zeitung ergeben sich in der Spitze Unterschiede von bis zu 33 Prozent.
Hauptgründe für das Einkommensgefälle seien eine deutlich geringere Bindung von Unternehmen in Ostdeutschland an die Tarifverträge und der geringe Anteil von Großunternehmen in Ostdeutschland, sagte der Leiter des WSI-Tarifarchivs in der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Die Größe der Firmen sei entscheidend für das Gehalt der Arbeitnehmer, sagte Reinhard Bispinck: "Je kleiner, desto geringer in der Regel die Bezahlung."
Laut der Untersuchung verdienen Feinmechaniker, Gas-/Wasser-Installateure oder Fleischer in den neuen Ländern rund 30 Prozent weniger als im Westen. Für Kfz-Mechaniker und Drucker liegt die Differenz bei gut 28 Prozent, für Bäcker, Köche oder Sozialarbeiter bei rund 20 Prozent. Besonders hoch ist das Lohngefälle dem Bericht zufolge bei Fräsern. Während im Westen im Schnitt 2425 Euro im Monat gezahlt werden, liegt das Durchschnittsgehalt im Osten bei 1631 Euro - rund 33 Prozent weniger. Die Zeitung hatte für die Berechnung zehn Jahre Berufserfahrung und eine 38-Stunden-Woche in einem mittelgroßen Betrieb zugrunde gelegt. Leistungs-, Urlaubs- oder sonstige Zuschläge wurden nicht einbezogen. Die Stiftung erklärte auf Anfrage, die Berechnungen der Zeitung auf der Grundlage von Daten aus dem Lohnspiegel-Projekt der Stiftung hätten sich in Stichproben als korrekt erwiesen. Sprecher Rainer Jung sagte allerdings, dass die Online-Umfrage nicht repräsentativ sei, weil Teilnehmer freiwillig ihre Gehaltsdaten zum Vergleich eingeben können. Zwar stimme bei insgesamt 180 000 Teilnehmern in der Regel die Tendenz. Bei einzelnen Berufsfeldern sei aber die Teilnehmerzahl sehr gering gewesen. Deshalb sei auch die von der Zeitung ermittelte bessere Bezahlung für einige Berufe in Ostdeutschland "mit Vorsicht zu genießen", sagte der Sprecher. Die Zeitung hatte berechnet, dass in zwei der untersuchten 100 Berufen die Ost-Löhne über den West-Löhnen lägen: Friseure bekämen zwei Prozent mehr Gehalt, bei Briefzustellern liege das Plus bei vier Prozent.