In Brüssel stellte die Europäische Union einige Weichen für die Zukunft. Hier die wichtigsten Entscheidungen des EU-Gipfels im Überblick.
Brüssel. Die wichtigsten Entscheidungen des EU-Gipfels:
EZB-Präsident:
Der Gipfel hat der Nominierung des Italieners Mario Draghi für den Chefposten der Europäischen Zentralbank zugestimmt. Damit übernimmt Draghi das Amt am 1. November für acht Jahre. Er folgt auf Jean-Claude Trichet, der im Herbst turnusgemäß ausscheidet. Frankreich hatte zuvor die Ablösung des italienischen EZB-Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi verlangt, damit der Posten mit einem Franzosen besetzt werden kann. Bini Smaghi rief am Freitagmorgen Van Rompuy und den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy an, um ihnen mitzuteilen, er gebe sein Amt zum Jahresende auf.
Kroatien:
Der Gipfel hat den EU-Beitritt Kroatiens im Jahr 2013 beschlossen. Die europäischen Staats- und Regierungschefs lobten nach sechs Jahren Verhandlungen „die erheblichen Anstrengungen Kroatiens, dank derer die Beitrittsverhandlungen in die Endphase eingetreten sind“. Um Bedenken auszuräumen, Zagreb könne bei den Reformen Rückschritte machen, soll das Land aber weiter überwacht werden. Insbesondere die Verbesserungen in Justiz und Grundrechten müssten ungebrochen fortgesetzt werden. Die Kritik, die Korruptionsbekämpfung des Landes sei noch nicht ausgereift, wies der Gipfel zurück. Nach seiner Zustimmung können die Verhandlungen noch diesen Monat abgeschlossen und der Beitrittsvertrag bis Ende des Jahres unterzeichnet werden. Die Parlamente aller Mitgliedsstaaten müssen ihn beschließen. Dieser Prozess wird voraussichtlich bis Juni 2013 andauern, sodass Kroatien zum 1. Juli 2013 offiziell aufgenommen werden könnte. Damit wird Kroatien das 28. Mitglied der Europäischen Union.
Schengen:
Der Gipfel hat die EU-Kommission mit einer Reform der Schengen-Regeln beauftragt. Bis September soll die Kommission eine Schutzklausel ausarbeiten. Diese soll dann „in wahrhaft kritischen Situationen“ aktiviert werden und ermöglichen, dass die Binnengrenzen der 25 Schengen-Mitglieder wieder dicht gemacht werden. Der Fall wäre etwa dann gegeben, wenn ein Land mit Schengen-Außengrenzen diese nicht ausreichend gegen illegale Einwanderung absichert. Die Reisefreiheit darf aber nur lokal und zeitlich strikt begrenzt eingeschränkt werden.
Griechenland:
Der Gipfel hat ein neues Hilfsprogramm für Griechenland verabredet. Voraussetzung sei aber, dass das Athener Parlament am 30. Juni dem Sparprogramm zustimmt, auf dessen Einzelheiten sich zuvor Experten von EU-Kommission, IWF und EZB mit der griechischen Regierung geeinigt hatten. Es sieht Kürzungen von 28 Milliarden Euro bis 2014 vor. Die neue Hilfe wird sich dem Gipfel zufolge aus freiwilligen privaten Beiträgen und aus öffentlichen Beiträgen zusammensetzen. Die Euro-Finanzminister sollten die Einzelheiten dazu ausarbeiten. Der Beschluss über die Eckpunkte des Programms ist für den 3. Juli vorgesehen, inklusive des freiwilligen Beitrages von Banken und Fonds. Griechenland soll außerdem rund eine Milliarde Euro EU-Fördermitteln schneller erhalten, damit seine Wirtschaft wieder auf die Beine kommt. Dafür will die EU-Kommission die verlangte Ko-Finanzierung von 21 auf 15 Prozent der Projektkosten senken und dem Land technische Hilfe bei der Planung leisten.
Schuldenkrise:
Die Staats- und Regierungschefs haben die Aufstockung des befristeten Rettungsschirms EFSF und den Vertrag für den permanenten Rettungsschirm ESM beschlossen. Der Gipfel fordert die Mitgliedsstaaten auf, alle Schritte dafür einzuleiten, dass die Parlamente dem ESM-Vertrag bis Ende 2012 zustimmen und auch die Aufstockung des EFSF rasch in Kraft treten kann. Beides hatten die EU-Finanzminister am Montag ausgehandelt.
Syrien:
Der Gipfel fordert vom UN-Sicherheitsrat eine Resolution gegen Syrien, in der die Niederschlagung der Demokratiebewegung verurteilt wird. Die europäischen Staats- und Regierungschefs forderten von den Vereinten Nationen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und angemessen auf die anhaltende Gewalt und Unterdrückung syrischer Bürger zu reagieren. Zuvor waren die Staats- und Regierungschefs der Empfehlung der EU-Außenminister von Anfang der Woche nachgekommen, weitere Sanktionen gegen syrische Regimeanhänger zu verhängen. Der Gipfel verständigte sich darauf, die Vermögen von sieben zusätzlichen Personen einzufrieren und ihnen die Einreise zu untersagen. Zudem sollen die Konten von vier Unternehmen gesperrt werden, die in Verbindung zum syrischen Regime stehen. Gegen Staatschef Baschar Assad und 22 weitere Regimeangehörige gelten bereits Reiseverbote sowie Kontensperrungen. Anfang Mai war auch ein Waffenembargo sowie ein Ausfuhrverbot anderer Produkte erlassen worden, die zur gewalttätigen Unterdrückung von Demonstrationen verwendet werden könnten – etwa Schutzausrüstung. (dapd)