Ministerpräsident Papandreous wirbt für Sparbemühungen. EU droht: Nächste Tranche kommt erst nach Bewilligung des Sparpakets.

Athen. +++ Griechenland - Wie geht es weiter? Alle Infos in unserm Ticker +++

19:30 Uhr: Die meisten Griechen werden für die nächsten vier Jahre eine Solidaritätssteuer zahlen müssen, damit ihr Land aus der Krise kommt. Wie das staatliche Fernsehen am Mittwoch berichtete, ist das einer der Eckpunkte des neuen Sparprogramms, das die Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou zusammen mit der EU, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank(EZB) ausgearbeitet hat. „Wir sind entschlossen mit jedem Mittel den eingeschlagenen Kurs einzuhalten“, hieß es in einer Erklärung Papandreous vor seinem Kabinett.

15:40 Uhr Die nächste Kredittranche für Griechenland kann erst nach dem Euro-Finanzministertreffen am 3. Juli bewilligt werden. Dies wurde am Mittwoch in deutschen Regierungskreisen bekräftigt. Voraussetzung dafür sei die Verabschiedung des Spar- und Reformprogramms für das hoch verschuldete Euro-Land im griechischen Parlament.

15:21 Uhr Die Bundesregierung bemüht sich in Gesprächen mit den betroffenen privaten deutschen Gläubigern Griechenlands um konkrete Hilfszusagen auf freiwilliger Basis. Kanzlerin Angela Merkel pochte bei einer Sitzung des Europa-Ausschusses des Bundestags erneut auf einen substanziellen Beitrag der privaten Gläubiger. Dieser solle zwar freiwillig sein. Es müsse aber alles daran gesetzt werden, einen „bestimmten Betrag auch quantifizieren zu können“.

14:12 Uhr Die Linke lehnt den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM ab 2013 ab. „Der ESM-Vertrag ist ein Frontalangriff auf die Demokratie in Deutschland und ganz Europa. Es sind im Vertrag keine Kontrollen durch den Bundestag, das Europäische Parlament oder durch Rechnungshöfe vorgesehen“, erklärte die Parteivorsitzende Gesine Lötzsch.Die Finanzierung der Anteile des ESM solle aus Steuergeldern erfolgen und nicht aus einer Finanztransaktionssteuer.

13:57 Uhr Der europapolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Roth, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen ihrer Griechenland-Politik kritisiert: „Mitverantwortlich für die Krise in Griechenland und in anderen Euro-Ländern ist auch die deutsche Bundesregierung, ist auch Bundeskanzlerin Merkel, weil wir viel zu lange laviert haben, weil wir unserer Führungsverantwortung nicht gerecht geworden sind, weil wir immer neue Rettungspakete geschnürt haben, die aber an der Wurzel des Übels vorbeigehen“, sagte er.

Nach Vertrauensvotum - Papandreous wirbt für Sparpaket

Es war ein erster Sieg, aber noch lange nicht die letzte Schlacht: Griechenlands Regierung hat im Kampf gegen den drohenden Staatsbankrott eine Verschnaufpause erreicht und kann dem Parlament nun bis Ende Juni auch ihr umstrittenes Sparpaket vorlegen. Die nächste internationale Kredittranche wird dringend erwartet – es geht um eine Finanzspritze in Höhe von zwölf Milliarden Euro, die an das neue Sparprogramm Athens gebunden ist. Das Parlament sprach Ministerpräsident Giorgos Papandreou am frühen Mittwochmorgen das Vertrauen aus. In einer dramatischen Nachtsitzung stimmten von den 300 Abgeordneten 155 für die Regierung, 143 votierten gegen sie, 2 unabhängige Parlamentarier fehlten. „Keine Abweichler. Alles in Ordnung,“ sagte ein Abgeordneter der regierenden Panhellenischen Sozialistischen Bewegung (Pasok) wenige Minuten nach der Abstimmung.

In den Staatskassen des Euro-Landes ist nur noch bis Mitte Juli Geld. Papandreou will keine Zeit verlieren, um nun auch das Sparprogramm billigen zu lassen. Schon an diesem Mittwochabend sollte der Ministerrat tagen, um über die letzten Details zu entscheiden und es dann direkt ins Parlament zu schicken. Vor dem Parlament demonstrierten rund 10 000 Menschen gegen den radikalen Sparkurs, viele bis spät in die Nacht. Es blieb bis auf einige Steinwürfe gegen Polizisten meist ruhig. Griechenland ist das erste Euroland, das 2010 mit Zusagen für 110 Milliarden Euro an den Finanztropf von EU und IWF musste. Später kamen Irland (85 Milliarden Euro) und Portugal (78 Milliarden Euro) hinzu. Mittlerweile ist klar, dass Griechenland nicht ohne ein zweites Rettungspaket über die Runden kommen wird. Im Gespräch sind bis zu 120 Milliarden Euro.

Noch am Abend hatte Papandreou seine Landsleute vor dem Votum in einer leidenschaftlichen Rede aufgefordert, ihre patriotische Pflicht zu tun. Das Land dürfe nicht bankrottgehen und müsse unabhängig bleiben. „Heute wird uns geholfen. Es ist aber unsere Pflicht, auf eigenen Beinen zu stehen“, sagte Papandreou im Parlament. Ursachen der Krise seien Versäumnisse der Griechen. Finanzminister Evangelos Venizelos appellierte: „Wir sind ein stolzes (...) Volk. Wir werden es schaffen, aus der Enge herauszukommen. Wir werden diesen Krieg gewinnen.“

Antonis Samaras, Vorsitzender der oppositionellen konservativen Nea Dimokratia, will zwar mit den anderen politischen Kräften Griechenlands kooperieren, um das Land aus der Krise zu führen. Das Vertrauen seiner Partei hätten die regierenden Sozialisten aber nicht. „Das Sparprogramm führt nirgendwo hin. Das Medikament ist gefährlicher als die (Finanz-)Krankheit“, warnte Samaras. Die Renditen griechischer Staatsanleihen reagierten am Mittwoch kaum und zeigten sich uneinheitlich. Insgesamt habe die Vertrauensfrage in Athen kaum nennenswerte Reaktionen hervorgerufen, hieß es von Händlern. Nach Einschätzung von Experten der Commerzbank hatte die Mehrheit der Investoren fest mit einem für die Regierung positiven Ergebnis der Abstimmung gerechnet.

Derweil wird bekannt, dass die deutschen Exporte nach Griechenland im vergangenen Jahr gesunken sind. In der Rangfolge der Außenhandelspartner Deutschlands rutschte das krisengeschüttelte Land von Platz 23 auf Platz 33 ab, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. 0,6 Prozent der von Deutschland insgesamt ausgeführten Waren seien 2010 nach Griechenland gegangen. Hauptausfuhrgüter waren Maschinen und elektrotechnische Erzeugnisse. Den Angaben zufolge wurden Waren im Wert von rund 5,9 Milliarden Euro von Deutschland nach Griechenland ausgeführt. Das waren 10,2 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Ausfuhren in die EU stiegen gleichzeitig insgesamt um 15,5 Prozent.

Die Einfuhren aus Griechenland – vor allem pharmazeutische Erzeugnisse, Bekleidung und Obst – haben sich 2010 hingegen deutlich erholt. Sie lagen den Statistikern zufolge mit rund 2,0 Milliarden Euro um 13,4 Prozent über den Vorjahresimporten. Bei den Importen liegt Griechenland auf Rang 45. Der Anteil an den deutschen Gesamteinfuhren beträgt den Angaben zufolge 0,2 Prozent.

(abendblatt.de/dpa)